Ulrich Brakemeier "Das Stellwerk nimmt Eltern an die Hand"

Hilden · Das Familienbüro wird fünf Jahre alt. Hilden ist die einzige Stadt im Kreis Mettmann, die so eine Anlaufstelle eingerichtet hat.

 Ulrich Brakemeier ist Vize-Leiter des Hildener Jugendamtes .

Ulrich Brakemeier ist Vize-Leiter des Hildener Jugendamtes .

Foto: ola

Herr Brakemeier, Sie sind stellvertretender Leiter des Amts für Schule, Jugend und Sport und haben zuvor das Familienbüro geleitet. Warum wurde es eingerichtet?

Brakemeier Die Universität Bochum hat 2010 im Auftrag der Stadt alle Familien in Hilden befragt. Ergebnis: Es gibt gute Angebote, sie sind nur zu wenig bekannt. Drei Gruppen brauchen besonders Hilfe, ergab die Befragung: Alleinerziehende, Großfamilien und Zuwandererfamilien. Deshalb wurde 2011 das Familienbüro eingerichtet. Wir haben es Stellwerk genannt: Es soll für die Hilfe- und Ratsuchenden die richtigen Weichen stellen.

Welche Aufgaben hat das Familienbüro?

Brakemeier Wir informieren alle Eltern über die Hilfen, die ihnen zustehen. Dabei haben wir besonders die drei genannten Gruppen im Blick. Wir begleiten und unterstützen aber auch. Wir nehmen Eltern an die Hand, gehen mit ihnen zu den Ämtern und Institutionen und machen den Weg frei. Wir beugen vor - mit Informationsveranstaltungen - bei uns heißen die Extra-Schichten - zu aktuellen Themen oder neuen Angeboten, etwa gesunde Ernährung oder Beistandschaft. In diesem Jahr planen wir zwei Informationen für Zuwandererfamilien: Wie funktioniert das deutsche Bildungssystem? Welche Regeln des Zusammenlebens gelten bei uns? Das Ganze auf Arabisch und auf Deutsch.

Wie viele Mitarbeiter arbeiten im Stellwerk?

Brakemeier Sechs Mitarbeiter auf 4,75 Vollzeitstellen.

Wurden Mitarbeiter für das Familienbüro zusätzlich eingestellt?

Brakemeier Anfangs haben im Familienbüro nur Mitarbeiter gearbeitet, die zuvor schon in anderen Abteilungen waren. Sie wurden nur an einem Ort zusammengezogen, ihre Arbeit anders organisiert. 2012 kamen die Bildungs- und Teilhabe-Coaches hinzu. Sie werden aus Mitteln des Bundes und des Landes bezahlt. Im vergangenen Jahr sind diese Stellen für weitere drei Jahre bis zum 31. Dezember 2017 verlängert worden. Diese drei Stellen sind befristet.

Macht Ihnen das Sorgen?

Brakemeier Ja, weil wir sehen müssen, wie wir gute Leute halten. Die Bildungs- und Teilhabecoaches helfen Menschen in prekären Lebenssituationen. Sie sorgen dafür, dass sie das bekommen, was ihnen zusteht. Im Stellwerk werden auch zunehmend Zuwanderer und Flüchtlinge beraten. Durch die vielen Flüchtlinge, die aktuell zu uns kommen, werden viele Sozialarbeiter gesucht. Der Arbeitsmarkt ist praktisch leer gefegt. Ich bin für jeden Tag froh, den die Kollegen mit befristeten Verträgen im Stellwerk arbeiten.

Wie viele Familien erreicht das Stellwerk?

Brakemeier Wir beraten 350 Familien zu Leistungen aus dem so genannten Bildungs- und Teilhabepaket. Kinder und Jugendliche aus Familien mit geringem Einkommen sollen dadurch gleichberechtigt Angebote in Schule und Freizeit nutzen können. 600 Familien lassen sich von uns regelmäßig beraten in allen möglichen Fragen. Wir kümmern uns auch die Hildener Familienkarte. Sie hat 2000 aktive Inhaber.

Führt die Arbeit des Familienbüros zu höheren Sozialausgaben?

Brakemeier Wir sorgen nur dafür, dass von Armut bedrohte Menschen das bekommen, was ihnen zusteht. Die Familien, die wir begleiten, haben komplexe Probleme. Wir helfen ihnen, diese Probleme eines nach dem anderen zu lösen und aus einer Abwärtsspirale herauszukommen. Unser Ziel ist, die Familien zu befähigen, sich selbst zu helfen, damit sie eben nicht dauerhaft auf soziale Hilfen angewiesen sind. Wenn wir Erfolg haben, werden dadurch Sozialausgaben eingespart.

CHRISTOPH SCHMIDT FÜHRTE DAS GESPRÄCH.

(RP)
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