Auf Ein Wort Christian Dörr Der Geist möge die Augen für das Wort öffnen

Hilden · Ich unterhielt mich letztens mit einem muslimischen Jugendlichen. Er betrachtete interessiert meine Konfirmandenbibel, die ich bei mir trug. Bunter Einband, auf jugendlich hin getrimmt. Und dann stellte er eine Frage: Ist das eine Bibel? Dieses farbenfroh bunte Design erschien ihm nicht angemessen für die Bedeutung des Wortes Gottes.

Und eine weitere Frage stellte er dann: beten sie eigentlich, bevor sie die Bibel lesen? Gleich zwei Fragen, die mich zum Nachdenken gebracht haben. Das bunte Design soll Alltagsnähe ausdrücken. Ist uns da immer noch bewusst, dass es etwas besonderes ist? Das lässt sich nicht pauschal beantworten, hängt am Bewusstsein des einzelnen. Und dann die Frage nach dem Gebet. Meine Antwort: Manchmal! Es gibt Momente, wo ich die Bibel ganz bewusst lese und mich dann auch darauf besinne. Aber im pastoralen Alltag gibt es auch viele Momente, wo ich schnell mal eben durchblättere, um eine bestimmte Bibelstelle zu suchen.

Grundsätzlich geht es bei den Fragen darum, was die Bibel eigentlich für uns bedeutet. Heilige Schrift von Gott diktiert, von der jedes Wort wortwörtlich zu verstehen ist, oder Zeugnisse von Menschen über ihre Erfahrung mit Gott, die an mancher Stelle vor dem historischen Hintergrund betrachtet werden müssen. Die Grenzen des wortwörtlichen Verständnisses werden bald deutlich. Einige Angaben sind dann schlichtweg fehlerhaft, und auch die Bereitschaft der Frauen heute noch mit Kopftuch im Gottesdienst zu sitzen, wie es dann nur konsequent wäre, fehlt aus verständlichen Gründen. Lässt sich dann aber nicht alles relativieren?

An dieser Stelle war die Frage nach dem Gebet hilfreich. Der Wuppertaler Theologe Hans-Joachim Kraus hat einmal gesagt: Ich bin überzeugt, dass der Geist, der die ersten Zeugen begleitet hat, die das biblische Wort niedergeschrieben haben, auch uns heute begleitet, um dieses Wort richtig zu verstehen. Das heißt doch mit anderen Worten:

Wenn wir die Bibel als Wort Gottes in die Hand nehmen, dann dürfen wir auf die Gegenwart des lebendigen Gottes durch seinen Geist unter uns hoffen. Dieser möge uns die Augen für das Wort öffnen! Das ist ein Gebetswunsch.

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort