Hilden Die Wolke sieben kommt aus Mettmann

Hilden · Heizung, Lüftung, Sanitär - R+S startete 1996 ganz klassisch. Mittlerweile verleiht das Unternehmen Klima - und mehr.

 Uwe Büsser, Wolfgang Orlob und Steffen Trinks (v.l.) im Lager von R+S Klimatechnichnische Systeme.

Uwe Büsser, Wolfgang Orlob und Steffen Trinks (v.l.) im Lager von R+S Klimatechnichnische Systeme.

Foto: Dietrich Janicki

Über der Wolke muss die Wärme grenzenlos sein. Und unten auf den Boden gehört als solide Grundlage eine Schicht Kaltluft. Dazwischen sollte Wasser in feinsten Tröpfchen zerstäuben, sich im richtigen Verhältnis mit einigen Chemikalien und besonders feinem Staub mischen. "Schließlich müssen sich die Tropfen ja irgendwo anlagern", erklärt Wolfgang Orlob. Der Wolkenmacher hat "Diplom-Ingenieur" auf seiner Visitenkarte stehen und leitet R+S; nicht irgendwo in Himmelspforten, sondern bodenständig, an der Oststraße.

 Die Spezialisten der Mettmanner Firma schaffen es, dass so eine Wolke den ganzen Tag lang an einer Stelle im Raum stehen bleiben kann.

Die Spezialisten der Mettmanner Firma schaffen es, dass so eine Wolke den ganzen Tag lang an einer Stelle im Raum stehen bleiben kann.

Foto: R+S Klimatechnik

Was 1996 ganz klassisch als Heizung, Lüftung, Sanitärbetrieb gestartet ist, hat sich mittlerweile zum Klima-Gipfel vorgearbeitet. Der 21 Mann starke Betrieb sorgt für jede gewünschte Atmosphäre. Ob Mercedes in Shanghai die neusten Luxuskarossen ausrollt, Deutschland sich derzeit auf der Weltausstellung in Astana, Kasachstan, zeigt, Audi im US-amerikanischen Detroit einen kühlen Auftritt braucht oder Uhren-Macher Omega in Sotchi, Russland, die Zeitmessung neu definiert - wohltemperiert wird alles durch Know-how aus Mettmann.

"Wir verleihen sämtliche Klimatechnik, versenden, bauen sie auf, überwachen auf Wunsch den Betrieb und bauen am Ende einer Messe, einer Hauptversammlung, eines Projektes auch alles wieder ab", schildert Orlob das Standbein des Unternehmens. Jeder Auftrag beginnt mit einem weißen Blatt, ist ein Unikat und stammt von einer Kundschaft, die nichts verzeiht. Schon gar nicht irgendwelche Fehler oder Schludrigkeiten. Der Scheich von Katar mag da als Warnung dienen. Der ließ die Raumtemperatur durch eine Vorhut prüfen und kam nur, wenn die geforderten 20 Grad tatsächlich eingehalten wurden.

Mit ebenso zuverlässigem wie weltweit mobilem Klima setzen die Spezialisten rund 3,5 Millionen Euro um. "Es könnte noch mehr sein, wenn wir nur die dringend benötigten Fachkräfte finden würden", sagt der für Mettmann zuständige "Area Manager" Uwe Büssers. Die Klimatisierung des Mercedes Motor-Homes bei der Formel Eins habe man abgeben müssen - weil sich kein zuverlässiger Techniker fand, der mit der Ausrüstung auf Weltreise gehen wollte und konnte. Mechatroniker Kälte- und Klimatechnik, Kältetechniker oder Elektriker werden bei R+S dringend gesucht, notfalls auch hausintern geschult.

Die Bereitschaft zu weltweiten Dienstreisen sollte vorhanden sein, solide Englischkenntnisse plus nach Möglichkeit eine weitere Fremdsprache. Über Mund-zu-Mund-Propaganda hat sich R+S als weltweiter Dienstleister namhafter Unternehmen etabliert. Begonnen hat alles vor vielen Jahren mit einem Auftrag von Toyota zur Internationalen Automobilausstellung in Frankfurt am Main.

Am Ende kam die gesamte Klimatechnik im Container nach Mettmann zurück. "Eigentlich hatten wir die verkauft." Aber da wurde der Unternehmensleitung klar, dass die weltweite Vermietung von Klimaanlagen aller Art ein lohnendes Geschäft sein kann. "Heute haben wir international vier bis fünf Konkurrenten, mehr nicht", sagt Orlob selbstbewusst.

Zur Bienale 2010 in Venedig traten das Stuttgarter Ingenieurbüro Transsolar und die japanische Architekturfima Tatsuo Kondo mit einem Wunsch an R+S heran. In den "Arsenalen" genannten Ausstellungshallen sollte eine Wolke entstehen, durch die Besucher auf einem Wendelgang hindurchgehen konnten.

Keine Rauchwolke, die giftig ist und sich viel zu schnell verflüchtigt. Kein Kunsteisnebel, der bloß träge am Boden liegt. Da haben sie bei R+S eben gelernt, wie Wolken gemacht werden, die zuverlässig einen ganzen Tag an einer festgelegten Stelle im Raum stehen. Im Karlsruher Zentrum für Kunst und Medien, ZKM, stieg Wolke sieben, Made im Neanderland, 2015 auf.

In den Münchener Kammerspielen waberte ein weißes Wölkchen zwischen Bühne und Zuschauerraum hin und her. Und demnächst bei Cartier in Paris - aber das ist ein kommendes Projekt.

Wer in derartigen Sphären unterwegs ist, hat den Kopf manchmal zwischen den Wolken. In einem der zurückliegenden Winter hat Wolfgang Orlob seinen Kollegen eine Postkarte geschrieben, die den zugefrorenen Titisee bei Neustadt zeigte. Auf der Rückseite stand: "Das können wir noch nicht."

(RP)
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