Auf Ein Wort Stefan Mergler Ein kleines Stückchen Holz gibt Hoffnung

Hilden · Es gibt viele Feste im katholischen Kalender. Eines davon haben wir gestern gefeiert: Kreuzerhöhung. Kennen Sie dieses Fest? Ich muss gestehen, dass ich mich früher dafür nie interessierte. Die Wende brachte eine Erfahrung im oberbayerischen Kloster Scheyern: Dort wurde ich vor etlichen Jahren an einem Sonntagnachmittag mit einem kostbaren Reliquiar von einem Benediktinermönch gesegnet. Und in diesem Reliquiar befindet sich ein kleiner Partikel des Kreuzes Christi. Das hat mich zum Nachdenken gebracht: Ein kleines Stück Holz mit einer großen Bedeutung. Vielleicht darf ich Ihnen dazu eine kurze Geschichte erzählen:

Auf Ein Wort Stefan Mergler: Ein kleines Stückchen Holz gibt Hoffnung
Foto: Matzerath Ralph

An einem eisigen Wintertag ist der kleine Leon mit seinem Großvater, der schwer herzkrank ist, unterwegs zum See. Der Junge betritt den zugefrorenen See, trotz der Warnung des Großvaters: "Leon, warte das Eis ist zu dünn!" Aber zu spät, schon kracht es. Leon versucht sich umzudrehen, doch er bricht ein. Sachte und ganz vorsichtig tastet sich der Großvater ans Wasser vor. Zitternd streckt er den Arm mit dem Spazierstock aus, sodass Leon ihn erreichen kann. Leon hält sich mit aller Kraft daran fest und lässt sich von seinem Großvater herausziehen. Auch der Großvater muss all seine Kräfte einsetzen, um den Enkel zu retten. Die Rettung gelingt und einige Minuten später - der Junge eingewickelt im Mantel des Opas - sind beide wieder zuhause. Für Leon gibt es ein warmes Bad und heißen Tee, aber für den Großvater Krankenhaus. Diese Aktion ist für ihn zu anstrengend gewesen und er erholt sich nicht mehr. Einige Tage später stirbt er an einem Herzanfall. Trauer ohne Ende in der Familie.

Einige Zeit später ist die Familie dabei, die Wohnung des Großvaters aufzulösen. Als man auch den Stock entsorgen will, mit dem der Großvater seinen Enkel Leon gerettet hatte, schreit dieser auf: "Nein, den dürft ihr nicht wegwerfen, den möchte ich behalten, damit hat Opa mir das Leben gerettet. Ich will ihn immer bei mir haben."

300 Jahre nach der Kreuzigung Jesus - so berichtet eine Legende - findet eine Frau namens Helena, die Mutter des römischen Kaisers Konstantin, in Jerusalem auf wunderbare Weise das Holz des Kreuzes Christi. Auch sie sagte: "Dieses Holz müssen wir aufbewahren, denn durch dieses Holz sind wir gerettet." Es wurde sogar eine große Basilika über dem Auffindungsort errichtet, die am 13. September 335 eingeweiht wurde. Einen Tag später, am 14. September, wurde in der neuen Kirche dem Volk zum ersten Mal das Kreuzesholz gezeigt und zur Verehrung dargereicht. Und das Fest Kreuzerhöhung war geboren!

Und mit was wurde ich in Scheyern gesegnet? Nach kurzer Recherche fand ich heraus, dass es sich dabei um einen kleinen Splitter von diesem in Jerusalem von Helena aufgefunden Kreuz handelt. Klein und doch so wertvoll: Damit hat Jesus mir und allen Menschen das Leben gerettet - das ist mein Glaube! Und das Fest der Kreuzerhöhung erinnert mich genau daran: Das Kreuz, es klingt paradox, aber es verweist auf die unbedingte Liebe Gottes zu uns Menschen.

Es ist mir bewusst: das Kreuz Christi ist ein tiefes Geheimnis. Deshalb verstehen es auch viele nicht mehr, wehren sich dagegen oder lehnen es sogar ab. Das Fest Kreuzerhöhung soll uns Christen helfen, in dieses Geheimnis tiefer einzudringen: das Kreuz als ultimatives Hoffnungszeichen. Das wird ausgedrückt in der Zeile eines in die Antike zurückgehenden, berühmten Hymnus, der an diesem Fest gern gesungen wird: Crux Spes Unica - das Kreuz einzige Hoffnung.

DER AUTOR IST KAPLAN DER PFARREN ST. JACOBUS HILDEN UND ST. CHRYSANTHUS UND DARIA HAAN.

(RP)
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