Analyse Ein Verdacht zieht seine Kreise

Hilden · Der Fall von Untreue und Korruption im Hildener Rathaus wirft die Frage auf, ob die Stadtspitze mit ihrer Zurückhaltung richtig liegt.

Ein Mitarbeiter des Ordnungsamtes wird von der Stadt angezeigt. Der Verdacht: Er soll städtisches Geld in die eigene Tasche gesteckt haben, womöglich hat er seine Dienstleistungen privat verkauft. Korruption und Untreue sind die Vorwürfe, weshalb das Landeskriminalamt gegen ihn ermittelt, weshalb er mehrere Tage in U-Haft saß und weshalb etliche Mitarbeiter der Stadtverwaltung sich unwohl fühlen. Es falle eben auf alle zurück, heißt es. Ein Grund, offensiv mit dem Geschehen umzugehen?

Offensichtlich nicht - weder das betroffene Amt, noch der Dezernent oder die Bürgermeisterin haben die Öffentlichkeit über ihre Anzeige und etwaige Folgen informiert. Auf Nachfragen wird genau und konkret geantwortet - kein Wort darüber hinaus. Ein Wort des Bedauerns, eine Einordnung, fehlt ebenfalls bisher.

Inzwischen hat der entlassene Mitarbeiter "sich weitgehend erklärt", wie es bei der Staatsanwaltschaft heißt. Es bestehe keine Verdunkelungsgefahr mehr, deshalb sei der Mann wieder auf freiem Fuß. Oberstaatsanwalt Möllmann sieht "keine Anhaltspunkte" dafür, dass weitere Mitarbeiter der Verwaltung in das Geschehen verstrickt sein könnten. Ein Einzelfall also, wie es die CDU-Chefin Marion Buschmann einordnete - und damit ebenso wie alle anderen in das Horn des "Einzel-Fehltritts" tutete?

Innerhalb der Verwaltung deutet nichts darauf hin, dass der Mann Mitwisser oder Mittäter hatte. Allerdings zieht der Verdacht jetzt weitere Kreise. Immer wieder ist davon die Rede, dass der Verdächtige nicht nur Geld unterschlagen hat. Er soll, so wird hinter vorgehaltener Hand erzählt, auch Vermittlungsgebühren genommen haben. Zum Beispiel für Geräte, die in Spielhallen zum Einsatz kommen. Zum Beispiel für Konzessionen, die für den Betrieb von Spielhallen nötig sind. Zum Beispiel auch für Spielhallen selbst, deren Vermietung und Anmietung ebenfalls ein eigenes Geschäft sind. Internationale Banden sollen die Geldgeber gewesen sein, Banden, die niemand kennt oder niemand kennen will. Zu diesem Verdacht will sich Oberstaatsanwalt Möllmann derzeit "aus ermittlungstaktischen Gründen" nicht äußern, er dementiert ihn also nicht.

Was das bedeutet? Dass in Hilden etwas im Gange ist, über das niemand sprechen will. Der Verdächtige und sein Anwalt halten den Mund. Die Geldgeber, die mit Verfahren rechnen müssen, schweigen. Mitwisser aus dem halbkriminellen oder kriminellen Umfeld sagen nichts. Das ist nicht verwunderlich. Was verwundert, ist, dass sich auch die Stadtpolitik nicht darum schert. Hilden hat als erste deutsche Stadt das Anti-Korruptions-Abkommen mit Transparency abgeschlossen - da stünde es den Fraktionsspitzen und Parteivorsitzenden gut zu Gesicht, sich um den Vorgang einmal zu kümmern. Sollten die Ermittlungen beweisen, was bisher im Raume steht - dann hat Hilden ein mächtiges Imageproblem.

(RP)
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