Hilden Fenster zur Ewigkeit

Düsseldorf · Die Städtische Galerie zeigt eine Auswahl serbischer Ikonen von Snezana Stanisavljevic-Velimirovic. Noch heute werden sie nach den strengen Regeln der Überlieferung gefertigt.

„Ikone“ kommt von griechisch „eikon“ und heißt übersetzt „Bild“. Doch für die orthodoxe Kirche ist sie mehr als das. „Die Ikone ist unser Spiegelbild, unsere Wahrheit, unser Gewissen. Sie ist ein dünner Faden zwischen dem schwachen Menschen und dem Schöpfer,“ sagt Snezana Stanisavljevic-Velimirovic. Seit 1990 widmet die studierte Juristin sich der byzantinischen Maltechnik, die sie in einem Kloster in der Nähe von Novi Sad erlernte. Eine Auswahl ihrer Ikonen ist jetzt in der Reihe „Kultur der Länder“ in der Städtischen Galerie im Bürgerhaus zu sehen.

Lange Tradition

Nach traditioneller Auffassung entstanden die Ur-Ikonen noch in der Zeit der Apostel und wurden seitdem immer wieder „abgeschrieben“. Der Mensch, der die Ikone malt, wiederholt die bildliche Botschaft nach strengen Regeln in der überlieferten Form. Er beharrt nicht auf seiner künstlerischen Freiheit, die der weltlichen Phantasie entspringt, sondern tritt ehrfürchtig hinter die Ikone zurück. Deshalb versteht auch Snezana Stanisavljevic-Velimirovic sich nicht als Künstlerin, sondern als Ikonografin, als Ikonenschreiberin. Die Künstlerin, deren Ikonen sich in der Ikonostase, der Ikonenwand orthodoxer Kirchen, sowie in Privatsammlungen von Paris bis Florida befinden, wurde 2000 anlässlich einer Ausstellung zum „Vidovdan“, einem großen orthodoxen Feiertag, mit dem 1. Preis ausgezeichnet.

Das Ikonenschreiben ist ein langer Prozess und erfordert viel Geduld. So arbeitet Snezana Stanisavljevic-Velimirovic einen ganzen Monat an einer einzigen Ikone, die Vorbereitung der mit einer kastenförmigen Vertiefung (Arche) versehenen Lindenholztafel durch mehrere Grundierungen sowie durch Vergoldung (Chrysografie) mit 24-karätigem Blattgold nicht eingerechnet. Die 24 Ikonen der Hildener Ausstellung zeigen Maria mit dem Kind, Engel, wie den Erzengel Michael, Apostel und Heilige, etwa den Heiligen Georg.

Der Künstlerin zuschauen

Besucher der Städtischen Galerie können während der gesamten Dauer der Ausstellung der Ikonografin beim Entstehungsprozess über die Schulter schauen und sehen, wie sie mit Eitempera-Farbe arbeitet, die sie aus natürlichen Pflanzenpigmenten aus Griechenland und Eigelb als Bindemittel gemischt hat. Die Marien-Ikone nach dem Vorbild der „Maria Tricheroussa“ aus dem serbischen Kloster Chilandar auf dem Berg Athos ist zusätzlich mit einer reliefartigen Verzierung des Goldgrundes versehen.

Wer die Ikonen mit Ruhe betrachtet, versteht, was sie sind. Dragica Schröder, Vorsitzende des Jugoslawisch-Deutschen Kulturvereins, formulierte es bei der Eröffnung so: „Lobpreis der Heiligen, Verkündung des Glaubens, Ahnung des Himmels und Fenster zur Ewigkeit.“

(RP)
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