Kreis Mettmann Flüchtlinge führen durchs Museum

Kreis Mettmann · Drei Männer berichten auch von ihren Schicksalen. Die jungen Zuhörer im Neanderthal Museum sind beeindruckt.

 Die Flüchtlinge (v.l.) : Berhane, Yonas und Estefanos führten Jugendliche durchs Neanderthal Museum.

Die Flüchtlinge (v.l.) : Berhane, Yonas und Estefanos führten Jugendliche durchs Neanderthal Museum.

Foto: Achim Blazy

Üblicherweise verlaufen die Begegnungen mit Asylbewerbern anders. Sie werden empfangen von denen, die schon immer hier leben. Mit Worten, mit Gesten, wie auch immer: Flüchtlinge werden zu Empfängern unserer Hilfe. Und sie sind darauf angewiesen, dass man sie wohlwollend empfängt - was derzeit längst nicht immer und überall geschieht. Im Neanderthal Museum lief nun plötzlich alles anders.

Berhane (45), Estifano (33) und der erst 21-jährige Yonas hatten die von der Caritas initiierte Führung durch die Evolutionsgeschichte übernommen. Ihre jugendlichen Zuhörer kamen aus ganz Deutschland und waren neugierig. "Das ist schon ungewöhnlich", fand Julika Weber (19) noch vor dem Beginn der Führung.

Als es dann losging, waren alle sofort mittendrin in den Sorgen und Nöten der drei Männer aus Eritrea. Denn Yonas, der mittlerweile gut Deutsch spricht und sich auf einem Zettel notiert hatte, was er sagen wollte, verließ der Mut. Niemanden hat diese zutiefst menschliche Angst gestört, alle haben den jungen Mann in Gedanken aufgefangen. Den Vortrag von Yonas übernahm schließlich Behane - in englischer Sprache und so, wie man es als ungeübter Museumsführer nicht besser hätte tun können.

Hatte anfänglich noch eine Mitarbeiterin des Neanderthal Museums durch die Ausstellung geführt, so übernahmen die drei Flüchtlinge das Wort ausgerechnet dort, wo ein ganz spezielles Kapitel der Menschheitsgeschichte aufgeschlagen wurde: "Leben und Überleben" stand in Großbuchstaben auf dem Tor, durch welches die Besucher auf dem Weg von der Altsteinzeit in die Jungsteinzeit schreiten konnten. Dass es im Leben der drei Flüchtlinge immer wieder auch ums Überleben ging, haben sie erst viel später erzählt. Dass Yonas vor zwei Jahren nur mit einem Rucksack, einer Wasserflasche und etwas Essbarem neun Tage lang zu Fuß in den Sudan gelaufen ist, um dort fünf Monate später über Libyen und Italien nach Deutschland zu kommen, wusste anfangs noch keiner seiner Zuhörer.

Noch schwerer war die Flucht für Estifanos, der ein Jahr lang in einem libyschen Gefängnis ausharren musste. Je mehr die Männer aus ihrem Leben erzählten, desto näher rückte die Gruppe innerlich zueinander. Wer bislang irritiert war von dem oft zitierten "Flüchtling mit dem Handy am Ohr", dem wurde spätestens jetzt klar, dass der Kontakt zur Familie oftmals der einzige Halt in einem fremden Land ist. Um sich in der neuen Heimat zurechtfinden zu können, lernt nicht nur Yonas fleißig Deutsch. Noch wartet er darauf, dass sein Antrag auf Asyl bewilligt wird. Dann will er zur Schule gehen, eine Ausbildung machen und ausziehen aus der Notunterkunft. Den nachhaltigsten Eindruck an diesem Vormittag im Neanderthal Museum haben wohl die Worte von Bärbel Auffermann hinterlassen.

Die stellvertretende Museumsleiterin stellte klar: "Wir kommen eigentlich alle aus Afrika. Menschen waren zu allen Zeiten auf den Kontinenten unterwegs. Deshalb ist die Asyldebatte aus prähistorischer Perspektive nicht wirklich nachvollziehbar."

(RP)
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