Hilden Jazztage: Moderne Klänge und abstrakte Kunst - ein starkes Team

Hilden · Mit einem grandiosen Konzert eröffnete der in Düsseldorf lebende israelische Pianist Omer Klein die 19. Hildener Jazztage. Das begeisterte Publikum bedankte sich mit Standing Ovations.

Eine geheime Verbindung scheint zu bestehen zwischen abstrakter Kunst und modernem Jazz. Das zeigte sich besonders eindrucksvoll bei der Eröffnung der 19. Hildener Jazztage. Im grandiosen Konzert des Omer Klein Trios im ausverkauften Kunstraum Gewerbepark-Süd der Brüder Braun, wo noch bis zum 9. Juni Grafiken von K. O. Götz gezeigt werden, fügten sich Klang und Bild zu einem magischen Gesamtkunstwerk zusammen. Ist es die explosive Kraft, die sowohl den perkussiven Jazz, als auch die Lithografien der Götzschen "Spreng"-Serie kennzeichnet? Oder ist es das Zusammenwirken von Improvisation und Kontrolle?

Der Jazzfan K. O. Götz, der 1950 Mitglied des Frankfurter Hot-Clubs wurde und der Charlie Parker in Paris noch persönlich kennenlernte, nennt es in seinen Erinnerungen "die Auflösung klassischer Formelemente im Rahmen sehr komplexer Strukturen", wenn er rückblickend schreibt: "In der Entwicklung des Bebop und Cool Jazz glaubte ich eine Parallele zur informellen Malerei zu erkennen." Peter Baumgärtner, künstlerischer Leiter der Jazztage, würdigte bei der Begrüßung, dass Kulturamtsleiterin Monika Doerr "ein besonderes Händchen" dafür habe, bildende Kunst und Jazz zusammenzubringen. Doch auch Baumgärtners Idee, gerade das Trio des israelischen Pianisten Omer Klein ein Festival eröffnen zu lassen, das sich mit dem Motto "The Song is You!" besonders den sangbaren Melodien widmet, war eine kluge Wahl. Denn selbst wenn Klein in seinem Konzert nur einen einzigen Jazz-Standard spielte, nämlich Kurt Weills "Speak Low", feiert er mit seiner Musik den Song. Und das, obwohl seine Kompositionen keine Lyrics haben und in seinen Konzerten kein Gesang zu hören ist.

Vielmehr wird ihm das Piano zur beredten Stimme, die mehr vermitteln kann, als sich mit Worten sagen lässt. Kleins Kompositionen, wie "Bliss" vom aktuellen Album oder das neue "I Guess That's Why They Call It Falling", sind so melodieverliebt, dass sie gesungen, gesummt oder gar gepfiffen werden können. Etwas, das sie mit einigen der berühmtesten Kompositionen der europäischen Klassik gemeinsam haben. Jener Musik, die neben den traditionellen jüdisch-israelischen Liedern und dem afroamerikanischem Jazz zu den wichtigsten Inspirationsquellen Kleins zählt.

So sehr Omer Klein den Song auch liebt, so sehr achtet er darauf, sich nicht zu stark am Thema festzuklammern. Denn - darauf verweist der Titel seiner CD "To The Unknown" - nur mit dem Absprung in die unbekannte Welt der Improvisation gelingt es dem Jazzmusiker, jeden Abend wieder etwas Neues zu kreieren. Starke Partner für die abenteuerliche Reise durch raffinierte Harmonien und komplexe Rhythmen hat Klein in dem groovenden Bassisten Haggai Cohen-Milo gefunden, den er noch vom Musikgymnasium kennt, sowie in dem ebenfalls israelischen Drummer Amir Bresler.

Wer das erste Konzert der aktuellen Europatournee des Trios vor drei Wochen miterlebt hat, wird sich gewundert haben, dass nicht nur die einzelnen Songs sich ständig ändern, sondern dass auch der Gesamteindruck sich von Mal zu Mal wandelt. War damals die Grundstimmung lyrischer und stärker in sich ruhend, so zeigte sich nun eine Rasanz, die das Publikum von den Stühlen riss. Ob das am Ende etwas mit der inspirierenden Energie der Werke von K. O. Götz zu tun hatte?

(stei)
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