Noosha Aubel "Bei Streik Kinder zu Hause behalten"

Hilden · Mit Notgruppen und Eltern-Hotline bereitet sich die Leiterin des Amts für Jugend, Schule und Sport auf Verdi-Streiks vor.

 Noosha Aubel, Leiterin des Jugendamts der Stadt Hilden.

Noosha Aubel, Leiterin des Jugendamts der Stadt Hilden.

Foto: Olaf Staschik

Die Gewerkschaft Verdi hat unbefristete Streiks in Kitas angekündigt. Wer ist betroffen?

Aubel Derzeit gehen wir davon aus, dass zwei Kindertageseinrichtungen (Rappelkiste und Itterpänz) komplett geschlossen sein werden. Der Betrieb in der Kita Kunterbunt/Traumquelle wird stark eingeschränkt sein. Möglich sind auch Streiks in der Grundschule. Bei den Warnstreiks war beispielsweise die Offene Ganztagsschule der Wilhelm-Hüls Schule betroffen. Genau vorhersehen lässt sich das Ausmaß jedoch nicht, da die Kolleginnen und Kollegen ja jederzeit der Gewerkschaft beitreten können. Unklar ist derzeit auch, ob auch die Sozialarbeiter streiken werden. Hier könnte es also auch Einschränkungen bei den Sozialen Diensten und der Jugendförderung geben.

Wie bereiten Sie sich als Jugendamt auf diese Situation vor?

Aubel Wir bereiten uns so gut es geht auf den "Ernstfall" vor. Alle Infos über die Auswirkungen des Streiks findet man tagesaktuell auf der Homepage der Stadt Hilden unter "www.hilden.de" . Außerdem können sich Eltern über die 02103 72666 über den aktuellen Stand informieren. Aushänge informieren, ob und inwiefern die Einrichtung vom Streik betroffen ist. Das Verfahren zur Einrichtung von Notgruppen etc. haben wir mit den Kitaleitungen und den Schulen im Vorfeld erörtert. Jeder weiß, was er zu tun hat. Leider wissen wir in der Regel aber auch erst sehr kurzfristig, wann und in welchem Ausmaß wir vom Streik betroffen sind.

Werden Sie alle Kitas auf jeden Fall offenhalten oder die Kinderbetreuung für die Streikzeit umorganisieren?

Aubel Nach derzeitigem Stand rechnen wir damit, dass zwei bis drei Kitas komplett geschlossen sind. In den andern Kitas kann der Betrieb eingeschränkt sein. Die Kinder aus den geschlossenen Einrichtungen können mit hoher Wahrscheinlichkeit in anderen Einrichtungen betreut werden. Vergessen werden darf dabei nicht, dass wir gesetzliche Mindeststandards einhalten müssen, was die Anzahl der Erzieher pro Gruppe betrifft. Für Grundschulkinder kann es in den Gruppen der Offenen Ganztagsschulen auch zu deutlichen Einschränkungen kommen. Zum Teil wird nur eine Betreuung bis 15 Uhr möglich sein oder aber die Betreuung muss an anderen Schulstandorten erfolgen.

Was raten Sie Eltern? Sollten Sie ihre Kinder zu Hause behalten oder private Betreuung organisieren?

Aubel Wenn es Eltern möglich ist, auf jeden Fall. Wenn ein Elternteil zum Beispiel aufgrund jüngerer Geschwisterkinder noch nicht berufstätig ist oder Oma und Opa greifbar sind, sollten die Kinder bitte privat betreut werden.

Können Sie für Alleinerziehende und Berufstätige die Kinderbetreuung trotz Streik garantieren?

Aubel Eine Garantie können wir leider nicht geben. Aber wir setzten alles daran, eine Kinderbetreuung weiterhin zu gewährleisten. Einschränkungen, wie die Betreuung an einem anderen, für das Kind unbekannten Ort, sind dabei leider nicht zu vermeiden.

Können Eltern die Stadt Hilden im Streikfall in Regress nehmen?

Aubel Grundlage für Rückerstattungen sind die Ausführungen in der entsprechenden Satzung der Stadt Hilden. Diese sieht keine Erstattung der Elternbeiträge vor. Beim letzten Streik haben wir allerdings anteilig die Essensbeiträge erstattet. Dies wird auch dieses Mal auf Antrag erfolgen. Die Betreuung einfordern können Eltern nicht. Ich garantiere aber, dass wir alles versuchen um eine Kinderbetreuung weiterhin zu ermöglichen.

Wird Verdi die Streiks so früh ankündigen, dass Eltern überhaupt reagieren können, oder wird sie der Streik unvorbereitet treffen?

Aubel In dieser Woche laufen die Urabstimmungen. Ich gehe davon aus, dass es zu einem unbefristeten Ausstand ab Ende dieser oder Anfang nächster Woche kommt. Eltern sollten sich schon jetzt darauf einstellen. In der Regel wird der tatsächliche Start erst ca. 48 Stunden vorher bekannt gegeben. Diese Infos finden sich dann auf der Homepage, in den Einrichtungen und können auch über die Streik-Hotline 02103 72-666 erfragt werden.

Verdi fordert mehr Geld. Was würde diese Forderung die Stadt Hilden ungefähr kosten?

Aubel Nach groben Schätzungen unseres Personalamtes würden die Mehraufwendungen, bei Umsetzung der Maximalforderung der Gewerkschaft etwa eine Millionen Euro betragen.

Sie leiten das größte Amt in der Stadtverwaltung (rund 313 Mitarbeiter) und sind selbst Mutter von zwei Kindern. Wie sehen Sie der kommenden Woche entgegen?

Aubel Mit sehr gemischten Gefühlen. Einerseits kann ich die Erzieherinnen verstehen. Sie wünschen sich eine adäquatere Bezahlung für die anspruchsvolle Arbeit, die sie täglich leisten. Andererseits wird der Streik primär Eltern und Kinder und nicht den Arbeitgeber treffen. Der Ausfall der Betreuung ist gerade für berufstätige Eltern und Alleinerziehende ein Riesenproblem. Und natürlich werden die auch die Kinder durch den Streik belastet: Gruppen werden größer, die gewohnten Erzieher sind zum Teil nicht vor Ort oder die Betreuung findet sogar in einer für das Kind fremden Umgebung statt. Das ist, gerade für Kinder unter drei, alles andere als ideal. Ich hoffe daher auf eine schnelle Einigung der Tarifpartner.

DIE FRAGEN STELLTE CHRISTOPH SCHMIDT.

(RP)
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