Hilden Kölsche Künstler und Düsseldorfer Bier

Eine Fanfare kündigt das Reitercorps Jan van Werth an. Gestiefelt und gespornt, die Fahne voraus, marschiert der Trupp mit 70 Mann in die Stadthalle ein und auf die Bühne zu. Kaum haben sie das Podium erobert und sich dort dicht gedrängt formiert, bringen die Uniformierten das närrische Volk mit einem Schunkellied in Stimmung.

Hildener Jecken feiern mit "Kölschen Tön"
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Hildener Jecken feiern mit "Kölschen Tön"

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Angespannt verfolgt Ralph Tappert den Auftakt der Prunksitzung Köl-sche Tön. "Bis der letzte Auftritt gelaufen ist, stehe ich unter Strom", sagt der Literat der Narrenakademie. Er ist für das Programm verantwort-lich und darauf drängen sich die Na-men von karnevalistischen Größen wie Bernd Stelter, Jürgen B. Haus-mann, Guido Cantz und die Bläck Fööss. "Die muss ich alle schon min-destens zwei Jahre im Voraus bu-chen, sonst habe ich keine Chance. An den Wochenenden kann ich nie-manden aus Köln herauslocken. Des-halb machen wir unsere Sitzung in der Woche", betont Ralph Tappert. Es ist besonders stolz darauf, für das kommende Jahr bereits Die Höhner verpflichtet zu haben. "Die treten sonst dienstags nicht auf, aber wir konnten sie überzeugen."

Die bekannten Bands und Redner für die Bütt kann er nur über eine Agen-tur verpflichten. "An die Künstler selbst komme ich nicht heran", sagt der Hildener. Einen roten Teppich muss er ihnen dennoch nicht ausrol-len und weder Schampus noch Kavi-ar auftischen lassen. "Mit einem Glas Bier und einer Flasche Wasser sind sie zufrieden. Die meisten sind ganz bodenständig." Dennoch sollen sie sich in Hilden wohlfühlen und mög-lichst wiederkommen, denn sie lo-cken mit ihrem Namen das Publikum in die Halle. "Die Leute schauen sich das Programm genau an und wenn sie niemanden kennen, bleiben sie zu Hause."

Als später am Abend der Zeitplan etwas durcheinander gerät, überlässt das Hildener Prinzenpaar Bernd Stelter die Bühne, damit er pünktlich zu seinem nächsten Auftritt kommt. "Das ist die schönste Kulisse, die ich mir nur vorstellen kann", bedankt sich der Kabarettist bei den Majestäten und zieht anschließend wortgewandt und begleitet von seiner Gitarre über das Fernsehen, die Bahn und Berlin her, wo Bürgermeister Wowereit zurücktreten musste, weil man aus der Hauptstadt nicht herausfliegen kann.

Während das Publikum sich amü-sierte, ist Kellner Toto Hüsken ständig zwischen Zapfhahn und Ti-schen unterwegs, um gläserweise Düsseldorfer Alt zu servieren. "Mindestens 250 habe ich schon ausgegeben und der Abend ist noch lange nicht zu Ende." Wie viel Kilometer er bis in die Nacht zu-rücklegen wird, weiß er nicht. "Keine Ahnung, aber 15 sind es bestimmt." Doch die Arbeit geht ihm leicht von der Hand. "Die Leute sind gut drauf und ich liebe Karneval", sagt er und verschwindet zwischen den Tischreihen.

Dort hat sich auch eine Gruppe Neandertaler im Fellkostüm samt Knochen aber ohne Keule ver-sammelt. "Die haben wir am La-gerfeuer vergessen", sagt Christiane Marquardt. "Wir haben auch noch ein Mammut vor der Tür, aber das durfte nicht mit rein", ergänzt Roland Cremer. "Sonst sind wir im Museum, aber heute haben wir Ausgang", berichtet Christiane Marquardt lachend. Die Erkratherin hat die Kostüme in ihrem Fundus entdeckt und gleich den ganzen Freundeskreis ausgerüstet.

Gemeinsam gebastelt hat die nächste Gruppe und dafür gleich das Nächst-liegendste verwendet: Christbaum-kugeln, Lametta und jede Menge Glitzer schmücken Zylinder und Kostüm. "Wir kommen aus dem Hil-dener Osten, da darf alles nicht viel kosten. Also haben wir die Kreation nachweihnachtliche Zeit geschaffen. Umgekehrt hängen wir die Karne-valssachen aber nicht an den Tan-nenbaum", stellt Ute von der Stein klar. Sie hat den gesamten Freundes-kreis motiviert mitzukommen und zu feiern. Als Trio aus Schlumpfhausen haben sich Christian Busch und seine Freunde verkleidet. "Das Kostüm vertuscht den dicken Bauch und wir sind schon im Anfangsstadium sehr blau", sagt er mit breitem Grinsen und bestellt gleich darauf das nächste Bier. "Uns ist wichtig, dass es Kostümsit-zung ist. Neulich war ich in Köln, da kamen die Herren alle im Anzug, da bin ich mit meiner Bäckerkluft richtig aufgefallen. Die haben gedacht, ich wäre echt", erzählt Ralph Tappert mit Blick auf die bunte Menge, die über die gewitzte Rede von Guido Cantz lacht.

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