Hilden/Haan Lehrer gehen bei Facebook lieber auf Distanz

Hilden/Haan · Vor zehn Jahren ging Facebook online. Ob das soziale Netzwerk auch Schüler und Lehrer verbinden sollte, ist heute umstritten.

Zehn Dinge, die wir ohne Facebook anders oder gar nicht gemacht haben
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Foto: afp, DRANIL MUKHERJEE

Soziale Netzwerke wie Facebook und Twitter oder der Nachrichtendienst WhatsApp gewinnen immer mehr an Bedeutung im Alltag — von Schülern und Lehrern gleichermaßen. Oft ist es nur eine Frage der Zeit, bis die Schüler ihre Pauker im Internet gefunden haben. Doch sollten Schüler und Lehrer im Netz befreundet sein? Nein, findet Josef Kraus, Präsident des Deutschen Lehrerverbandes: "Die Kommunikation über soziale Netzwerke kann eine Beziehung auf Augenhöhe zwischen Schülern und Lehrkräften vorgaukeln, die in der Realität so nicht besteht."

Auch Karl-Heinz Rädisch, Leiter des städtischen Helmholtz-Gymnasiums Hilden, ist für eine strikte Trennung von Privatem und Dienstlichem. Das bedeutet: Freundschaftsanfragen von Schülern in sozialen Netzwerken sollten Lehrer nicht akzeptieren. Am Helmholtz kommunizierten Lehrer und Schüler über spezielle E-Mail-Adressen: "Viele Schüler posten Informationen, die darüber ausgetauscht werden, zusätzlich auch noch über soziale Netzwerke — damit es auch jeder mitbekommt." So fänden diese Infos den Weg ins soziale Netzwerk. In der Schule dürfen Schüler ohne Genehmigung keine Fotos von anderen Schülern machen und diese dann posten, gibt es am Helmholtz klare Regeln. Und entsprechende Sanktionen, wenn dagegen verstoßen werde.

Verboten ist der Umgang in NRW zwischen Lehrern und Schülern nicht, lässt das Schulministerium wissen. Entscheidend sei nur, dass sich die Pädagogen an ihre Dienstordnung halten. Die Bezirksregierung hat jedoch jüngst eine Empfehlung an Schulen herausgegeben, wie sie mit sozialen Netzwerken umgehen sollten.

Das sei auch sinnvoll, findet Michael Terhaag, Fachanwalt für IT-Recht: "Eine solche Richtschnur zum Umgang mit modernen Medien ist in Unternehmen unerlässlich, das gilt sicherlich auch für Schulen. Ich persönlich halte nichts von strengen Verboten." Stattdessen müsse in Schulen frühzeitig medienrechtliche Aufklärung betrieben werden, so der Rechtsexperte. Die Nutzung von Facebook sei jedoch juristisch nicht ganz unproblematisch. Besonders bei der Veröffentlichung von Bildern, erklärt Terhaag: "Für jedes Foto mit Schülern bedarf es zur Veröffentlichung einer wirksamen Einwilligung — bei Minderjährigen sogar beider Eltern." Zudem stünde bei einer Vernetzung von Lehrern und Schülern dem Missbrauch Tür und Tor offen, so Terhaag: "Die Hemmschwelle ist niedrig, die Fälle nehmen bei uns in der Praxis zu. Gerade bei anonymen Teilnehmern wird sich so mancher Pauker einiges anhören müssen."

Die Emil-Barth-Realschule in Haan ist zwar ebenso wie das städtische Gymnasium offiziell mit einem Profil bei Facebook vertreten, doch das soziale Netzwerk beschäftigt die Lehrer dennoch. "Zum Wochenstart müssen unsere Lehrer immer wieder Konflikte zwischen Schülern aufarbeiten, die übers Wochenende bei Facebook entstanden sind", bemerkt Heinz Wemmer. Der Konrektor ist davon alles andere als begeistert, denn "wir können nicht auch noch das Freizeitverhalten der Kinder und Jugendlichen kontrollieren". Da seien die Eltern gefragt, vielleicht sogar im Falle mancher Beleidigung ein Anwalt, sagt er. Die Lehrer der Schule könnten Facebook zwar grundsätzlich uneingeschränkt nutzen, müssten aber dort, wie anderswo, eine professionelle Distanz zu den Kindern wahren. Die Realschule nähert sich dem Thema Internet mit dem von der Polizei unterstützten Projekt "Sicherheit im Netz", um die Schüler schon in der fünften Klasse über die Gefahren, die online lauern, zu informieren.

(RP)
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