Hilden Millionenschaden nach Betrug im Rathaus

Hilden · Staatsanwaltschaft klagt Ex-Mitarbeiter B. wegen 79 Vergehen von 2009 bis 2014 an. Verhandlung erst in 2016.

Nach mehr als einem Jahr Ermittlungen hat die Staatsanwaltschaft Düsseldorf jetzt Anklage gegen den ehemaligen städtischen Mitarbeiter B. beim Landgericht Düsseldorf eingereicht. Ihm werden auf 40 Seiten Betrug, Untreue und Bestechlichkeit vorgeworfen - in 79 Fällen zwischen den Jahren 2009 und 2014. B. soll beispielsweise von Wirten und Spielhallenbetreibern für Konzessionen 800 Euro gefordert und erhalten haben, die nach der städtischen Gebührenordnung nur 450 Euro kosten durften.

Den Schaden für die Stadt Hilden beziffert die Staatsanwaltschaft auf 81.115 Euro. Andere Geschädigte haben weitere 971.000 Euro geltend gemacht.

Die Anklageschrift ist B. jetzt zugestellt worden. Das Landgericht wird den Fall aber nicht mehr in diesem Jahr, sondern erst Anfang 2016 verhandeln, erläutert Vorsitzende Richterin Dr. Elisabeth Stöve, Sprecherin des Landgerichts Düsseldorf. Der Strafrahmen sei schwer abzuschätzen. Im Einzelfall könne eine Strafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren (in schweren Fällen) verhängt werden. Und die Gesamtstrafe müsse höher sein als die höchste Einzelstrafe.

Fest steht heute schon: Das ist der schlimmste Korruptionsfall, den die Hildener Stadtverwaltung in den vergangenen 25 Jahren erlebt hat. Zum einen wegen der Höhe des Schadens von mehr als einer Million Euro. Zum anderen wegen der Anzahl der Vergehen (79), die B. vorgeworfen werden. Wie es aussieht, konnte der Mann über fünf Jahre lang betrügen, veruntreuen und sich bestechen lassen, ohne dass das auffiel. Ein Super-GAU (größter anzunehmender Unfall) für Bürgermeisterin und Verwaltungschefin Birgit Alkenings gleich zu Beginn ihrer Amtszeit. Persönlich hat sie sich allerdings nichts vorzuwerfen. Sie wurde im Juni 2014 gewählt. Vier Wochen später, Anfang Juli, wurde die Verhaftung von B. und die Anzeige der Stadt gegen ihn bekannt. Vier Wirte oder Betreiber von Spielhallen, die sich von B. betrogen fühlen, haben Schadenersatzforderungen an die Stadt Hilden gestellt, zwei Klage eingereicht, bestätigt Beigeordneter Norbert Danscheidt. Wenn B. in Ausübung seiner städtischen Tätigkeit (Amtshaftung) etwas Strafbares getan habe, müsse die Stadt Hilden möglicherweise dafür geradestehen. Die Kommune ist für solche Fälle versichert. Nicht versichern kann sich die Stadtverwaltung gegen die Schädigung ihres guten Rufes. B. war 23 Jahre bei der Stadt beschäftigt. Er hat sich kriminell verhalten. Und das fällt auf die gut 900 korrekten Mitarbeiter der Kommune zurück. "Wir erleiden einen Schaden im öffentlichen Ansehen", glaubt Bürgermeisterin Birgit Alkenings. Die Stadt ist seit dem Jahr 2000 Mitglied bei Transparency International - als erste deutsche Stadt überhaupt. Verhindern konnte das den Fall B. nicht. Auch weil B. Geld für Leistungen kassiert hat, die die Stadt gar nicht anbietet, glaubt die Bürgermeisterin: "Wir hatten deshalb keine Anzeichen, dass etwas schief laufen könnte. Es gab auch keine Beschwerden von den Kunden, die B. abkassiert hat." Ihr Fazit: "Transparenz-Regeln können Korruption nicht verhindern, aber vielleicht einschränken und erschweren."

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(RP)
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