Selfie Mein Lieblingsplatz (4) Mittagspause und Schmökern an der glucksenden Itter

Hilden · Auf dem Ellen-Wiederhold-Platz gibt es ein ruhiges Plätzchen mitten in der Stadt - und einen Bücherschrank.

 Je nach Jahreszeit sieht die Itter anders aus. Im Sommer sind die Ufer grün und der Bach glitzert im Sonnenschein.

Je nach Jahreszeit sieht die Itter anders aus. Im Sommer sind die Ufer grün und der Bach glitzert im Sonnenschein.

Foto: Nein

Hilden Der Dr.-Ellen-Wiederhold-Platz ist nur ein paar Schritte von der häufig quirligen Mittelstraße entfernt. Am Ufer der Itter steht eine Bank. Ein wunderbarer Platz für eine Mittagspause bei schönem Wetter. Das geschäftige Treiben in der Fußgängerzone ist kaum mehr zu hören. Dafür hat man plötzlich wieder ein Ohr für das Murmeln und Glucksen der Itter. Für das Rascheln des Windes in den Bäumen. Und einen Blick für die tanzenden Lichtreflexe auf dem Wasser.

All dies hat etwas unglaublich Beruhigendes. Hier kann man/frau wunderbar abschalten. Dabei ist die Itter zu unseren Füßen alles andere als ein Naturidyll. Der Bach schlängelt sich nur etwa 20 Kilometer von seinem Ursprung bei der Bandesmühle in Solingen-Gräfrath bis zu seiner Mündung in den Rhein. Gleichwohl liegen auf diesem relativ kurzen Stück gleich drei Klärwerke in Gräfrath, Ohligs und Hilden. Sie leiten ihr geklärtes Abwasser in die Itter. Das Wasser ist chemisch in Ordnung, aber nicht hygienisch. Das liegt an der fünfprozentigen Restbelastung mit Bakterien und Viren aus den Kläranlagen. Wer Itterwasser trinkt, stirbt nicht, bekommt aber mit ziemlicher Sicherheit Durchfall. In Trockenzeiten im Sommer besteht schon mal 80 Prozent des Itterwassers aus gereinigtem Abwasser. Man kann es auch so sehen: Die Klärwerke sorgen dafür, dass die Itter nie trocken fällt.

Ab Hilden windet sich die Itter durch ein steinernes Korsett. Wegen des Hochwasserschutzes wurde sie begradigt und kanalisiert. In ihrem Einzugsgebiet leben rund 200.000 Menschen. Das sind großstädtische Verhältnisse, die man dem Bach gar nicht ansieht. Auf Hildener Stadtgebiet wurde die Itter schon mehrfach renaturiert. Mehr geht nicht, hat der zuständige Bergisch-Rheinische Wasserverband deutlich gemacht. Die befestigten Ufer müssen bleiben, sonst drohen Überschwemmungen. So wie zwischen 1957 und 1961, als die Itter mehrfach Teile der Innenstadt unter Wasser setzte.

Wenn die Itter Hilden passiert hat, speist sie die Wasserspiele und Teiche von Schloss Benrath (von 1755 bis 1773 erbaut). Seitdem nahm sie einen anderen Lauf: Früher endete sie bei dem Dorf Itter in den Rhein, nach dem Bau des barocken Lustschlosses bei Urdenbach. Landesherr Kurfürst Karl Theodor von der Pfalz verleibte sich das Itterwasser einfach ein.

Das hatte aber auch sein Gutes. Die Untertanen wurden seitdem angehalten, die arme Itter nicht weiter mit ihren Abwässern zu malträtieren. 1844 beschwerte sich das Hof-Marschall-Amt Berlin bei den Bürgermeistern der Anlieger-Gemeinden. Die Teiche im Schloss Benrath hätten derart zum Himmel gestunken, dass seine Majestät, der Kaiser, im Park nicht habe lustwandeln können. Die Bürgermeister und Landräte wurden angewiesen, das abzustellen. Kläranlagen wurden gebaut. Und die Itter wurde langsam wieder sauber, wenn auch nicht rein.

Nur ein paar Schritte von der Itter entfernt steht eine zweite Attraktion auf dem Ellen-Wiederhold-Platz in Hilden: ein öffentlicher Bücherschrank in Rostbraun. Hier kann man herrlich stöbern. Der Schrank hat mich schon häufig mit Urlaubslektüre versorgt und meinen eingestellten Büchern neue Leser beschert. Manchmal wechselt der komplette Bücherschrank-Inhalt innerhalb von 24 Stunden. Immer wieder fördert die Bücher-Box Neues, Überraschendes oder Kurioses zutage: eine echte Wundertüte.

Wer die Mittagspause auf der Bank an der Itter ausdehnt, weil es dort so schön ist, sollte eines wissen: Er tut das möglicherweise unter den Augen von Bürgermeisterin Birgit Alkenings. Ihr Büro im Rathaus liegt gleich nebenan.

(RP)
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