Hilden Pflegeheim: Patient misshandelt Mitbewohner

Düsseldorf · Gewalt unter Bewohnern, eklatante Pflegemängel – die psychiatrische Station eines Altenheims in Hilden steht in der Kritik. NRW-Gesundheitsministerin Barbara Steffens will die Pflegeeinrichtungen sicherer machen.

 Das Pflegeheim Haus Ahorn in Hilden.

Das Pflegeheim Haus Ahorn in Hilden.

Foto: RP, Christoph Göttert

Gewalt unter Bewohnern, eklatante Pflegemängel — die psychiatrische Station eines Altenheims in Hilden steht in der Kritik. NRW-Gesundheitsministerin Barbara Steffens will die Pflegeeinrichtungen sicherer machen.

In der gerontopsychiatrischen Pflegestation des Altenheims Dorotheenpark der Düsseldorfer Graf-Recke-Stiftung in Hilden ist es zu zahlreichen Gewalttaten eines Bewohners an Mitbewohnern gekommen. Die Vorfälle wurden in Pflegeprotokollen dokumentiert, die unserer Zeitung vorliegen. Dabei reicht die Bandbreite der Tätlichkeiten ausweislich von der Ohrfeige über Faustschläge ins Gesicht und auf den Kopf bis hin zu sexuellen Übergriffen.

In einem besonders schweren Fall wurde ein an Demenz erkrankter Mann über viele Wochen in seiner Wohngruppe belassen, der andere Bewohner belästigt hatte, ehe er ins Landeskrankenhaus eingewiesen wurde. Auch die Pfleger selbst, meist Frauen, wurden Opfer unkontrollierter Gewaltausbrüche des Mannes, berichtet eine Pflegekraft. Patienten verletzten sich zudem selbst oder liefen halbnackt durch den Garten. Nicht selten seien die alten Menschen deshalb an Stühlen und Rollstühlen festgebunden und auf diese Weise ruhig gestellt worden.

Die nordrhein-westfälische Gesundheitsministerin Barbara Steffens (Grüne) erklärte, die Zustände, die aus dem Heim geschildert werden, hätten "zum Teil mit Menschenwürde nichts zu tun". So müsse ein Bewohner, der an seinen Rollstuhl fixiert sei und häufig umstürze, seit Monaten auf ein passendes Gefährt warten. "Ich kann das nicht nachvollziehen", sagte Steffens.

Die Politikerin erklärte, sie stehe dazu, wenn Einrichtungen bei erheblichen Pflegemängeln durch die Heimaufsicht geschlossen würden. In Paderborn muss ein Pflegeheim zum 31. Dezember schließen, weil es Mängel bei der Versorgung der Bewohner gab. Steffens kündigte an, sie wolle ein "Frühwarnsystem" für Pflegemängel in Nordrhein-Westfalen installieren. "Es kann nicht sein, dass die Häuser in NRW eine so unterschiedliche Qualität aufweisen", betonte die Politikerin. Eine wissenschaftliche Studie, die jetzt in Auftrag gegeben wurde, soll Handlungsoptionen zur Etablierung einheitlicher Standards aufzeigen.

Der Kreis Mettmann als zuständige Heimaufsichtsbehörde hatte nach eigenen Angaben bislang keine Kenntnisse über sämtliche Vorwürfe gegen die Leitung des Hauses in Hilden. Lediglich einen Fall, in dem ein Patient eine Mitbewohnerin sexuell attackiert habe, sei der Heimaufsicht gemeldet worden. Manfred Vollmert, zuständiger Abteilungsleiter in der Kreisverwaltung, zeigte sich jedoch bestürzt über ein Pflegeprotokoll, in dem der Übergriff detailliert geschildert wird: "Das ist uns so von der Heimleitung nicht vorgetragen worden."

Die Einrichtung sei in den vergangenen zwei Jahren vier Mal durch die Heimaufsicht und den Medizinischen Dienst der Krankenkassen (MDK) überprüft worden. Dabei habe es keine nennenswerten Beanstandungen gegeben. Vollmer nannte die Anschuldigungen gegen die Leitung des Hauses Ahorn "gravierend". Auf keinen Fall dürfe ein Patient an einen dafür nicht geeigneten Rollstuhl gefesselt werden, so dass er mit diesem umkippen könne. Zudem müsse geklärt werden, ob die Fesselungen von einem Richter angeordnet worden waren.

Ulrich Lilie, Vorstand der Graf- Recke-Stiftung, erklärte, von einem "Skandal" könne keine Rede sein. Er räumte aber ein, dass es Fehler bei Fixierungen gegeben habe. "Das sollte nicht vorkommen", sagte Lilie. Eine Pflegerin sei deshalb entlassen worden. Im Fall des Bewohners, der einen falschen Rollstuhl bekommen habe, habe die Pflegekasse die Kostenübernahme verweigert. Die Einrichtung habe alles unternommen, um den passenden Rollstuhl zu beschaffen. Zum Fall des sexuellen Übergriffes erklärte der Vorstand, es handele sich um "Einzelfälle, auf die sofort sachgerecht reagiert" werde. In dem vorhandenen Umfeld könne man Zwischenfälle nur dann ausschließen, wenn die Bewohner betäubt oder ständig gefesselt würden. Dies entspräche nicht der Philosophie der Einrichtung.

(RP)
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