Hilden Politik in Hilden lehnt TV-Sitzungen ab

Hilden · Mehrheit von CDU, SPD und Allianz ist dagegen. Immer mehr Städte nutzen diese Möglichkeit der Bürgerbeteiligung.

 Beim Livestream können Bürger die Sitzungen des Stadtrates über das Internet verfolgen. Das war auch mal in Krefeld (wo das Foto entstand) geplant, ist dort aber noch nicht realisiert worden.

Beim Livestream können Bürger die Sitzungen des Stadtrates über das Internet verfolgen. Das war auch mal in Krefeld (wo das Foto entstand) geplant, ist dort aber noch nicht realisiert worden.

Foto: Röse

Düsseldorf tut es. Neuss, Essen, Köln, Wuppertal, München und Dresden tun es auch. Aber auch kleinere Städte wie Herten (61.000 Einwohner) oder Pfaffenhofen an der Ilm (25.000 Einwohner) übertragen Ratssitzungen via Livestream im Internet. Der Stadtrat in Hilden will das nicht und lehnte deshalb einen Antrag der Bürgeraktion mehrheitlich ab. BA und FDP (drei Stimmen) stimmten mit Ja. CDU, SPD und Allianz (13 Stimmen) votierten mit Nein. Grüne und Bürgermeisterin Birgit Alkenings enthielten sich der Stimme. Die AfD ist im Hauptausschuss nicht stimmberechtigt.

Die Übertragung von Ratssitzungen im Internet (Livestream) könne das Interesse an der kommunalen Politik fördern, argumentiert BA-Fraktionsvorsitzender Ludger Reffgen und verweist auf das Beispiel vieler anderer Kommunen. Auch Menschen mit Behinderungen könnten dann leicht die Ratssitzungen verfolgen. Der technische Aufwand sei "verhältnismäßig gering und vor allem preiswert". Die Sitzungen sollten live übertragen und anschließend in einem Videoarchiv gespeichert werden.

So einfach sei die Sache freilich nicht, erläuterte Erster Beigeordneter Norbert Danscheidt für die Verwaltung. Laut Geschäftsordnung könne der Stadtrat die TV-Übertragung beschließen. Allerdings müssten sich alle Teilnehmer einer Sitzung (Mandatsträger, Verwaltungsmitarbeiter und Zuschauer) mit der TV-Übertragung einverstanden erklären, so der NRW-Landesbeauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit. Die Stadt Monheim erarbeite gerade ein Konzept. Dort seien vier Kameras sowie ein Schnittplatz geplant. Von dort sollen die Tagesordnungspunkte sowie die Namen der Vortragenden eingeblendet werden.

Die meisten Kommunen haben eine kostengünstigere Variante gewählt. Die Livestreams zeigen in der Regel nur zwei Perspektiven: Eine Totale mit Blick auf die Sitzungsleitung sowie eine Großaufnahme der jeweiligen Redner an einem Stehpult. Vorteil: Die beiden Kameras sind fest installiert. Ton und Bild müssen nur einmal eingestellt werden. Nachteil: Alle Redner aus dem Plenum müssen für ihre Beiträge aufstehen und ans Rednerpult treten. Das sei bei der Enge des Sitzungssaales im Bürgerhaus (Mittelstraße 40) "problematisch", meint der Erste Beigeordnete.

Der Städtebund NRW, die Arbeitsgemeinschaft der kommunalen Spitzenverbände, hat noch weitere Bedenken. In den Räten der Städte und Gemeinden säßen ehrenamtliche Politiker, von denen man ein "professionelles Auftreten" vor laufender Kamera nicht einfordern könne. Der Städtebund fürchtet einen "negativen Einfluss auf die Diskussionskultur". Ungeübte Mandatsträger könnten sich durch Livestreaming unter Druck gesetzt fühlen und nichts sagen, um sich nicht zu blamieren, während geltungssüchtige Mandatsträger sich zu "Schaufensterreden" animiert fühlen können. Diese Stellungnahme des Städtetags ist inzwischen fast drei Jahre alt. Immer mehr Städte und Gemeinden haben sich seitdem entschlossen, die Sitzungen ihrer Kommunalparlamente live im Internet zu übertragen. Das zeigt: Die 2014 geäußerten Bedenken haben sich offenbar nicht bewahrheitet. Die Debattenkultur in den Stadträten hat keinen Schaden genommen. Richtig ist offenbar aber auch: Das Sitzungs-TV hat das öffentliche Interesse an der Kommunalpolitik nicht groß gesteigert. In Essen nutzen zwischen 200 und 800 Bürger das Streaming der Ratssitzungen, in Braunschweig zwischen 180 und 480, hat die Verwaltung recherchiert. Davon entfielen etwa ein Drittel auf den Live-Stream und zwei Drittel auf die Archivfunktion. "Umgerechnet auf Hilden würde das also 20 bis 80 Nutzer je Ratsfraktion bedeuten", so Dezernent Norbert Danscheidt. "Etwa sieben bis 30 wären dann live dabei."

Apropos: Als Jugendamtsleiterin Noosha Aubel am 1. März in Potsdam zur Beigeordneten gewählt wurde, haben das viele Hildener verfolgt - per Livestream.

(RP)
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