Hilden Private Demenz-WG zieht in diese Villa

Hilden · Drei Familien haben die Nase voll vom Pflegenotstand: Sie lassen ihre alten Verwandten jetzt in Eigenregie betreuen.

 Demenz WG " Villa Hoxbach" Elisabeth Wilke -Thissen und Klaus Thissen im Garten

Demenz WG " Villa Hoxbach" Elisabeth Wilke -Thissen und Klaus Thissen im Garten

Foto: Olaf Staschik

Erst am Montag sind die alten Mieter ausgezogen. Bereits am Dienstag geben sich die Handwerker an der Gerresheimer Straße 232 die Klinke in die Hand. Eile tut Not, denn schon am 11. März sollen drei alte Damen in Hildens erste private Demenz-WG einziehen: "Wir waren mit der Betreuung meiner Schwiegermutter in diversen Heimen und WG nicht einverstanden", sagt Klaus Thissen. "Die Leute werden zwar versorgt, aber nicht betreut."

Deshalb haben sich die Thissens aus Haan, die von Wilckens aus Monheim und eine weitere Familie zusammengetan und eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) gegründet. Nachdem das geklärt war, haben sie eine passende Immobilie gesucht und in Hilden gefunden: Die "Villa Hoxbach" - so soll die private Demenz-WG heißen - verfügt auf 217 Quadratmetern nach dem Umbau über vier Zimmer für die Bewohner, Räume fürs Personal, mehrere Bäder, ein Wohnzimmer, Küche, Terrasse und einen großzügigen Garten. Behindertengerechte Zugänge werden gerade geschaffen. Der Betreuungsschlüssel lässt keine Wünsche offen: "Wir beschäftigen drei Pflegerinnen, zwei aus Polen und eine deutsche Altenpflegerin - alle zu ganz normalen Konditionen unter Beachtung des Mindestlohns", freut sich Elisabeth Wilke-Thissen. "Hinzu kommt ein Pflegedienst."

Altenpflegerin Silke Kretschmann packt beim Renovieren genauso mit an wie die beiden Männer Alexander von Wilcken und Klaus Thissen. Kretschmann kennt die alte Frau Wilke und deren Freundin bereits aus dem Heim, in dem sie aktuell betreut werden. Sie hat sich gerne abwerben lassen, denn "dort war nie Zeit zur Betreuung der alten Leute, weil wir viel zu wenig Personal haben. Sechs Personen, verteilt auf 24 Stunden und zuständig für zwölf demente Bewohner. Da schafft man kaum mehr als Wäsche waschen, Windeln wechseln und Essen ausgeben", bedauert die Altenpflegerin. In der Villa Hoxbach will sie mit den Bewohnern "kochen, putzen, spazierengehen, Kaffee trinken gehen schräg gegenüber und sonntags mal in die Kirche".

Heike von Wilcken, deren 90-jährige Tante ebenfalls in die WG einzieht, ist erleichtert: "In ihrem aktuellen Heim fällt sie immer mal wieder und hat dann schlimme Hämatome. Da sitzen die alten Leute in ihren Zimmern und gucken vor die Wand. Hier wird es familiärer sein und sie sind nie sich selbst überlassen. Ich hoffe, das da noch ein bisschen Lebensfreude aufkommt." Auch die 88-jährige Mutter von Elisabeth Wilke-Thissen war schon "im Pflegebett eingeklemmt. Und da sie sich nicht mehr artikulieren kann, kann sie sich ja auch nicht beklagen."

Um diese unwürdigen Zustände zu beenden, haben die Familien Neuland betreten: "Wir haben uns erst einmal beraten lassen von einer Firma für Wohnkonzepte", erzählt Klaus Thissen. Danach haben sich die Gesellschafter bei den Pflegekassen und bei der Heimaufsicht Rat geholt: "Senioren-WG brauchen mindestens drei Bewohner mit anerkannter Pflegestufe, um in den Genuss staatlicher Zuschüsse zu kommen." Mit ihren drei alten Damen war es machbar.

Trotzdem mussten die Gesellschafter erst einmal in Umbau, Miete und Kaution investieren. Um dann im Endeffekt zu sparen: "Wir haben bisher etwa 2500 Euro pro Monat dazugezahlt", sagt Thissen. Die von Wilckens waren mit 3300 Euro pro Monat dabei. Jetzt wollen sie mit 1600 Euro auskommen, bei deutlicher besserer Pflege: "Wir kommen mit weniger aus, weil wir nicht gewinnorientiert arbeiten müssen", sagt Klaus Thissen. Ein Platz ist noch frei in der WG.

(RP)
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