Hilden Protest-Partei feiert ihren 35. Geburtstag

Hilden · Die Hildener Grünen baten Samstag bei Fingerfood zu einem Empfang in den Strangmeyer-Saal.

Das Jahr 1980: Auf der großen politischen Bühne geht es gegen den Nato-Doppelbeschluss zur Raketenrüstung - und gegen Kernkraftwerke. Anfang November wird Ronald Reagan US-Präsident, einen Tag später wählt der Bundestag Helmut Schmidt für seine letzte Amtszeit zum Bundeskanzler. Die gegen das alles sind, gegen Nachrüstung, gegen Kernkraft, gegen den Republikaner Reagan und auch den konservativen Sozaldemokraten Schmidt - die treffen sich am 20. November 1980 in der Hildener Gaststätte Bachmann. Hinterm Schankraum gründet sich der Ortsverein einer neuen Partei: Seither gibt es in Hilden die Grünen.

Von Nato-Parka und gelbem Anti-AKW-Stickern war am Samstagabend indes nichts zu sehen im Strangmeyer-Saal: Mit Fingerfood und Sekt feierten die Hildener Grünen ihren 35. Geburtstag. Und beschenkten sich und ihre Gäste mit einem Auftritt des Wuppertaler Kabaretts "Lichtwechsel". Zwölf Jahre lang war Klaus-Dieter Bartel gewissermaßen unordentlicher Grüner. "Ich habe mich für grüne Projekte engagiert, war aber kein Parteimitglied", sagt der heutige grüne Fraktionsvorsitzende im Hildener Rat. Es gehört zum alternativen Credo der Anti-Parteien- Partei, dass engagierte Bürger kommen und mitmachen dürfen - einfach so, ohne gleich in die Partei eintreten zu müssen. Bartel sagt: "Ich fand das sehr sympathisch." Der Aufreger damals in der Stadt - das war der Abriss historischer Häuser zu Gunsten einer Verbreiterung der Klotzstraße. Die Häuser fielen schließlich, aber die Gebäude entlang der Benrather Straße blieben erhalten. Eigentlich sollten auch sie der Abrissbirne zum Opfer fallen.

Wer geglaubt hatte, die Grünen seien bloß eine vorübergehende Mode, der irrte, wie die Parteivorsitzende - bei den Grünen heißt das "Vorstandssprecherin" - Helga Achterwinter in ihrem Rückblick sagte: "Bereits bei den Kommunalwahlen 1984 wurden wir in den Stadtrat gewählt - auf Anhieb und mit 11,11 Prozent der Stimmen." Das erregte landes- und bundesweit Aufsehen.

Noch einmal fünf Jahre später wurde aus den ehemaligen Protestlern echte Bestimmer: Eine rot-grüne Koalition lenkte zwischen 1989 bis 1994 Hildens Geschicke. Den Erhalt alter Bausubstanz, eine Baumsatzung oder der lokale Ausbau regenerativer, umweltfreundlicher Energie ("Solarcity Hilden") standen auf der Agenda der Grünen in Hilden. Ein heftiger Richtungsstreit innerhalb der Hildener Grünen wurde 1999 von den Wählern mit Liebesentzug quittiert: Von fünf Grünen im Stadtrat blieben nur noch zwei übrig. Und heute? "Wir sind schon lange keine Protestpartei mehr, sondern konzentrieren uns auf das Durchbohren dicker Bretter", sagte Achterwinter. Und: "Mittlerweile haben alle Parteien die Umwelt als einen wichtigen Punkt in ihren Programmen. Das gäbe es wahrscheinlich ohne die Grünen nicht", sagte Bürgermeisterin Birgit Alkenings (SPD) in ihrem Grußwort.

(RP)
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