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Hilden/Langenfeld Rasterfahndung nach Vergewaltiger

Hilden/Langenfeld · Die Polizei hat 400 junge Männer auf die Hildener Wache vorgeladen. Unbescholtene gerieten ins Visier der Fahnder.

12. November 2014: Bereitschaftspolizei aus Mönchengladbach verteilt Handzettel und befragt Anwohner im Hildener Süden, hier am Anton-Schneider-Weg.

12. November 2014: Bereitschaftspolizei aus Mönchengladbach verteilt Handzettel und befragt Anwohner im Hildener Süden, hier am Anton-Schneider-Weg.

Foto: Olaf Staschik

Die Polizei versucht jetzt mit einer Rasterfahndung den Mann zu identifizieren, der zwei junge Frauen in Langenfeld (31. Mai 2014) und Hilden (29. September 2014) vergewaltigt hat. Die beiden Tatorte liegen nur wenige Kilometer voneinander entfernt. Das Phantombild des Hildener Täters stimmt überraschend genau mit dem des Langenfelder Täters überein. Deshalb geht die Polizei davon aus, dass es sich um ein und denselben Mann handelt. Inzwischen haben sich Langenfelder gemeldet, die von der Polizei angerufen wurden, weil ihre Handys zur fraglichen Zeit in der ausgemachten Funkzone geortet worden waren.

Hilden/Langenfeld: Rasterfahndung nach Vergewaltiger
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Was bedeutet Rasterfahndung? In den nächsten Tagen bekommen fast 300 Hildener zwischen 20 und 30 Jahren Post von der Polizei. Die Ermittlungskommission vom Kriminalkommissariat 11 fordert sie auf, an zwei zur Wahl stehenden Tagen persönlich auf der Hildener Polizeiwache zu erscheinen. Rechtliche Grundlage für die Aktion ist ein richterlicher Beschluss des Amtsgerichts Düsseldorf zur Rasterfahndung, erläutert Polizeisprecher Ulrich Löhe: "Er betrifft alle in Hilden gemeldeten Männer zwischen 20 und 30 Jahre, die den Täterbeschreibungen entsprechen." Anfang Januar hatte die Polizei bereits 200 Hildener auf die Wache geladen. 60 kamen nicht und wurden jetzt erneut vorgeladen. In den Schreiben steht der Hinweis: Bei Nichterscheinen können die Angeschriebenen "auch zwangsweise als Zeuge vorgeladen werden".

Sind die Vorgeladenen verdächtig? Nein, betont der Polizeisprecher: "Die Angeschriebenen werden nicht als Beschuldigte oder Tatverdächtige, sondern als Zeugen befragt." Die Fahnder erhoffen sich Hinweise auf den Täter. Die Polizei hat Spuren gesichert, die den Vergewaltiger identifizieren können. Die Vorgeladenen müssen keine DNA-Probe abgeben, versichert Löhe: "Sollten sich Verdachtsmomente verdichten, würden wir um eine freiwillige DNA-Probe bitten." Wenn der Zeuge das partout nicht will, müssen die Fahnder die Justizbehörden überzeugen, zwangsweise einen DNA-Test anzuordnen.

Was verspricht sich die Polizei von der Rasterfahndung? "Wir wollen möglichst viele Leute als Täter ausschließen, um einen kleinen Kreis von Personen zu bekommen, mit denen man sich näher beschäftigen muss", erläutert Löhe. Mehr als 100 Polizisten sind im November im Hildener Süden und in Langenfeld-Berghausen von Haus zu Haus gegangen und haben Fahndungsaufrufe verteilt. "Wir geben nicht auf und suchen weiter", unterstreicht Kriminalkommissar Frank Pick, Chef der Ermittlungskommission, die Entschlossenheit der Kreispolizei, die Verbrechen aufzuklären. Die Rasterfahndung in Hilden sei nur ein erster Schritt, sagt Löhe: "Sie könnte auch auf Langenfeld ausgedehnt werden."

Wie viele Hinweise hat die Polizei erhalten? Rund 400. Die Vergewaltigung in Hilden - sie geschah am Tag gegen 10 Uhr in einer Grünanlage an der Pestalozzistraße - muss beobachtet worden sein. Denn die Polizei wurde in einem anonymen Schreiben über die Tat informiert und machte erst daraufhin das Opfer ausfindig. Der anonyme Hinweisgeber hat sich mit einem zweiten Schreiben gemeldet, ohne seine Identität preiszugeben. Können Unbescholtene ins Visier der Fahnder geraten? Natürlich. Das ist zum Beispiel einer 24-jährigen Hamburgerin passiert, die mit der Vergewaltigung im Mai in Langenfeld in Verbindung gebracht wurde. Von einem Ermittler wurde die Frau angerufen, ihr Handy sei zum Tatzeitpunkt in einem Funkmast in der Nähe des Tatorts eingewählt gewesen. Und weil die Hamburgerin spontan nicht sagen konnte, was sie am 31. Mai gemacht hat, hakten die Beamten intensiver nach. Dabei war die Frau an jenem Mai-Tag nur zu Besuch bei ihrem Freund, der in Langfort wohnt. Wenige Tage später wurde ein 35 Jahre alter Langenfelder kontaktiert, von seinem früheren Arbeitgeber. Die Polizei in Langenfeld habe nach ihm gefragt, das Diensthandy sei zum Tatzeitpunkt in Richrath lokalisiert worden. Und ein 27-Jähriger bekam einen solchen Anruf in Immigrath. Solche oder ähnlich Telefonate wird es in den vergangenen Tagen noch viele andere gegeben haben.

Auf welcher Grundlage werden die Daten erfasst? Einen richterlichen Beschluss habe es dafür gegeben, und jetzt versucht die Polizei nach und nach, alle Nummern zu kontaktieren, die auf der Liste stehen. Das heißt, die Polizei wird in den nächsten Wochen mehrere hundert, wenn nicht Tausende Menschen anrufen, um an Informationen zu kommen. Dabei ist eine solche Datenspeicherung eigentlich verfassungswidrig, sagt Strafverteidiger Georg Strittmatter. Das Problem: "Wir bewegen uns in einer Grauzone", sagt er. Mobilfunkunternehmen haben die Möglichkeit, Verkehrsdaten zu Abrechnungszwecken oder um Missbrauch vorzubeugen zu speichern.

(RP)
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