Interview: Heinrich Klausgrete "Schlechter darf die Finanzlage nicht werden"

Hilden · Hildens Stadtkämmerer über die Zuschüsse an die freie Jugendhilfe und die optimistische Einschätzung für die anstehende Kommunalsoli-Klage.

Herr Klausgrete, wie weit ist die Klage gegen den Kommunalsoli gediehen - also die Abgabe, die bestimmte Kommunen zugunsten armer Städte leisten müssen?

Heinrich Klausgrete Wir sind auf der Zielgeraden. Anfang Oktober gibt es das nächste Treffen der Arbeitsgemeinschaft, bei dem der Entwurf des Gutachtens vorgestellt wird, auf das sich die Klage stützen wird.

Ganz ernst: Wie schätzen Sie die Chancen der Städte ein, vor Gericht zu gewinnen?

Klausgrete Ich bin überzeugt, dass wir gewinnen, unsere Landesverfassung sieht es einfach nicht vor, dass eine Kommune an die andere zahlt. Erst recht nicht, wenn sie selbst dadurch in Not gerät wie Haan! Stellen Sie sich vor, Ihr Nachbar klopft an und verlangt Geld von Ihnen, weil Sie besser verdienen als er? Was würden Sie wohl antworten?

Was macht Sie so optimistisch?

Klausgrete Der Erfolg der Städte beim Einheitslastenausgleichgesetz: Da haben wir ebenfalls gegen das Land gewonnen und erhalten nun Geld zurück. Die treibende Kraft war in dem Fall der Langenfelder Kämmerer Detlev Müller - und er sowie die Kämmerin der Stadt Monheim, Frau Noll, und der Sprecher der Kreiskämmerer, Herr Gentzsch aus Ratingen, sind auch in der AG gegen den sogenannten Solidaritätsbeitrag. Wir haben schlagkräftige Unterstützung.

Wie viel hat Hilden bereits gezahlt?

Klausgrete 2,2 Millionen Euro in diesem Jahr. Ich hoffe, dass wir das Geld nach gewonnener Klage mit Zinsen zurückbekommen. Die Kosten für Anwälte und Gutachten werden im sechsstelligen Bereich liegen, und wir sind erleichtert, dass Düsseldorf davon den größten Teil übernimmt.

Gerade letzte Woche haben die freien Träger in der Jugendhilfe ihre Jahresberichte vorgelegt. Wie viel zahlt die Stadt für die Jugendhilfe?

Klausgrete 2013 waren es 1,295 Millionen Euro, in diesem Jahr werden es 1,3 Millionen Euro sein. Die Höhe verändert sich nicht jährlich, da Stadt und Verbände meistens Drei- bis Fünfjahresverträge miteinander schließen.

Von welchen Leistungen reden wir?

Klausgrete Nun, die Freizeitgemeinschaft erhält für den Betrieb des Abenteuerspielplatzes beispielsweise 247 990 Euro, SPE Mühle für die Tagesgruppe 262 506 und für die Suchtberatung 129 637 Euro. Der Kinderschutzbund bekommt 4000 Euro Zuschuss - alles konkret ausgehandelte Beträge für konkrete Angebote. Im sozialen Bereich bekommt der SKFM Geld für die Schuldnerberatung, die ich ungemein wichtig finde: Heute sind schon Jugendliche überschuldet, weil sie 1800 Euro an Handykosten angehäuft haben.

Was sagen Sie zum ausgehandelten Deal mit der evangelischen Kirche? Die Stadt zahlt fast 150 000 Euro.

Klausgrete Ich sage, dass dieser Vertrag die günstigste Lösung ist. Es wäre weitaus kostspieliger, wenn sich die Kirche aus der Schulträgerschaft verabschieden würde. Dann wären wir gezwungen, eine Schule zu bauen und zu unterhalten. Ich glaube, dass sich viele Bürger nicht klar darüber sind, was sie mit einem Kirchenaustritt bewirken: Zum einen geht mit dem Rückzug von Kirche viel Kultur verloren. Zum anderen hat die Kirche immer weniger Geld und muss sich aus manchen Bereichen zurückziehen. Die Aufgaben bleiben jedoch.

Praktisch zeitgleich kam die schlechte Nachricht, dass sich SMS aus Hilden zurückziehen will. Was bedeutet das für die Stadtkasse?

Klausgrete Es würde einen hohen Verlust bedeuten. Wie hoch, wird sich zeigen: Noch wissen wir zum Beispiel nicht, ob die 150 Mitarbeiter, von denen die Rede ist, mit nach Mönchengladbach gehen oder ob sie arbeitslos werden. Die Stadt Hilden wird mit der Wirtschaftsförderung alles unternehmen, um den Standort Hilden zu erhalten.

Wenn sich die Finanzlage nicht verbessert, welche Sparmaßnahmen werden Sie im nächsten Haushaltsplanentwurf vorschlagen?

Klausgrete Ich beginne gerade mit der Arbeit für den Entwurf. Bisher gehe ich davon aus, dass wir die Ausgaben ähnlich gestalten können wie dieses Jahr. Die Finanzlage darf aber nicht schlechter werden, zumal schon die Finanzplanung für 2015 ein Defizit von 5,8 Millionen Euro vorsieht.

Sonst...?

Klausgrete Sonst müssen alle helfen, für einen Haushaltsausgleich zu sorgen.

GÖKCEN STENZEL STELLTE DIE FRAGEN

(RP)
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