Hilden Schmusehunde stellen Handtaschendieb

Hilden · Ein Räuber entriss Mittwoch einer 84-Jährigen die Handtasche. Zwei Hunde spürten ihn auf und hielten ihn in Schach.

Schwanzwedelnd stellt sich Joey vor seine Besucher. Alle wollen den "Helden von Hilden" kennenlernen, wie einige Medien bereits titeln. Doch erst einmal ist Streicheln angesagt. Der zweijährige Australian-Shepherd genießt es sichtlich, wie sich die Hände durch sein seidenweiches Fell wühlen. Dann rupft er Grashalme ab und kaut sie in aller Seelenruhe. Von der Aufregung, die noch einen Tag zuvor an diesem Ort herrschte, war bei ihm schon gestern nichts mehr zu spüren: Joey und die deutsche Schäferhündin Tara (6) haben am Mittwoch auf einem Feldweg, der von der Fuchsbergstraße abgeht, einen Handtaschenräuber gestellt. Sie hielten ihn so lange in Schach, bis die Polizei eintraf und den Mann abführte. Tierärztin Iris Ellermeier ist stolz auf ihre Hunde: "Die haben einen guten Job gemacht", sagt sie.

Für die Mitarbeiter des Hildener "Pfötchenhotel" war es ein Schock. In Begleitung einer Frau betrat eine Seniorin mit blutenden Wunden im Gesicht die Empfangshalle. Nur wenige Meter entfernt war die 84-Jährige aus Haan gegen 13.50 Uhr von einem Mann überfallen worden. Der 22-jährige Hildener entriss der Seniorin auf der Oststraße ihre Handtasche. Dabei stürzte die Seniorin auf die Bordsteinkante und verletzte sich. Der Dieb floh in Richtung Fuchsbergstraße.

Die 84-Jährige lief ihm zunächst hinterher. Doch wie Polizeisprecher Ulrich Löhe berichtet, verlor sie den Mann an der Unterführung der A 3 aus den Augen. Eine zufällig vorbeikommende Passantin führte die verletzte Frau daraufhin zum nahe gelegenen "Pfötchenhotel". Tierarzthelferin Dana Müller (32), die dort an der Rezeption arbeitet, war erschrocken: "Ich habe erst mal gar nicht gewusst, was passiert ist." Sie sprach mit der Seniorin und rief die Polizei. Schnell fand sich auch das restliche Team des Pfötchenhotels ein, darunter Tierärztin Iris Ellermeier, deren Praxis der Tierpension angeschlossen ist. Der Täter muss noch ganz in der Nähe sein, dachte sie, und schickte ihre Hunde los. Währenddessen suchten auch Mitarbeiter nach dem Mann.

Die Hunde sind zwar nicht auf Fährtensuche trainiert, "aber sie sind in Ausbildung", sagt Ellermeier. Sie war davon überzeugt, dass ihre Tiere den Dieb finden können. Und tatsächlich hatte sich der 22-Jährige unweit des Pfötchenhotels an einem Feldweg im Gebüsch versteckt. Dort, wo die Zäune einer Fichtenschonung und einer Pferdeweide eine Sackgasse bilden, stellten die Hunde den Mann, ohne ihn anzugreifen oder gar zu beißen. Knurren und Zähne fletschen reichten aus, um ihm Respekt einzujagen. Außerdem das Ehrfurcht gebietende Verhalten des resoluten Frauchens: Ellermeier eilte den Hunden hinterher und schrie den Mann an. "Stehenbleiben! Nicht bewegen!"

Während Schäferhündin Tara den einzigen Fluchtweg vom Gelände sicherte, harrte Australian-Shepherd-Rüde Joey vor dem Gebüsch aus. Er ließ den Täter nicht aus den Augen, bis die Polizei ihn festnahm. Die Handtasche wurde später in Nähe des Pfötchenhotels entdeckt und der Seniorin zurückgegeben. Der Dieb ist mittlerweile aus dem Polizeigewahrsam entlassen. Ihn erwartet ein Strafverfahren, sagt Löhe.

Iris Ellermeier würde jederzeit alles wieder so machen. "Wenn man Hunde gut erzieht, kann man sie sehr gut handeln", sagt sie. Für ihren Einsatz erhielten beide Hunde einen Extra-Kauknochen. Joey, der Shepherd mit einem braunen und einem blauen Auge, wirkt zufrieden: Mit nasser Nase stupst er einen Besucher an. "Weiterstreicheln!", heißt das unmissverständlich. Kaum zu glauben, dass dieses verschmuste Tier Spürhundqualitäten hat.

(RP)
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