Hilden Sekundarschüler lernen Hilden kennen

Hilden · Für Stadtarchivar Wolfgang Antweiler ist es wichtig, dass auch Kinder bereits ein wenig Hintergrundwissen über ihre Heimatstadt haben. Daher bietet der Historiker derzeit den Fünftklässlern der Sekundarschule "Sightseeingtouren" durch Hilden an. Start: Fritz-Gressard Platz.

Die 5d ist aufgeregt. Ein Ausflug in die Stadt, das Wetter warm und schön, viele der Zehn- und Elfjährigen haben offensichtlich "Hummeln im Hintern". Aber statt Toben und Quatschen ist heute vor allem Zuhören angesagt. "Zwei Häuser gibt es in Hilden, die ganz, ganz alt sind", erklärt Dr. Wolfgang Antweiler gerade und deutet auf das Stadtparkhotel: "Dieses hier und dort drüben" - er lockt den Blick der Kinder Richtung Stadtpark "- und das heutige Haus der Künstler, früher war hier die Verwaltung der Textilfabrik untergebracht." Den flapsigen Hinweis eines Schülers auf eine nahe Fast-Food-Filiale und deren Angebot quittiert Lehrer Frank Nau mit einer Ermahnung.

Denn: Wenn jemand sich in der Geschichte Hildens auskennt, dann Antweiler, Leiter des Stadtarchivs und des Wilhelm-Fabry Muesums. "Früher fuhren durch die Mittelstraße Autos und die Straßenbahn. Und wenn ihr mal nicht in die Schaufenster guckt, sondern an den Häusern hoch, werdet ihr an manchen Gebäuden eine Art Haken entdecken. Dort waren die Oberleitungen für die Straßenbahnen befestigt."

Wenige Schritte weiter bleibt der Historiker erneut stehen und schaut auf den Boden. Bevor er auf einige besondere Steine hindeuten kann, kommt ihm Nico zuvor. "Das sind Stolpersteine. Gedenksteine für Menschen, die hier gelebt haben und während des Nationalsozialismus ermordet wurden." Antweiler nickt bestätigend. "Wir haben schon in der vierten Klasse eine solche Führung gemacht", erklärt Nico sein Wissen. Auch die meisten der anderen Schüler haben im letzten Grundschuljahr an einem historischen Stadtrundgang teilgenommen, vieles von dem, was sie heute erfahren, wurde bereits damals erklärt. "Ich finde es ein wenig langweilig, weil ich alles schon mal gehört habe", sagt ein Mädchen.

Einer, der dagegen alles neu aufsaugt, ist Tristan. Der Zehnjährige ist erst im Dezember von Langenfeld nach Hilden gezogen. Während die Kinder auf dem alten Markt eine kleine Pause machen, Brot und Getränk aus dem Rucksack holen, schildert der Fünftklässler seine Eindrücke. "Ich finde Hilden spannend und schön. Hier ist alles dicht beieinander, und das Kaufhaus Müller ist hier auch viel größer als in Langenfeld."

Es ist warm, die Kinder genießen einen kurzen Aufenthalt in der kühlen Reformationskirche, dem Wahrzeichen Hildens. "Diese Kirche ist älter als der Kölner Dom", informiert Antweiler und es kommt ein staunendes "Oh" aus den Mündern der Kinder. Vor allem der Anblick der Kirchenorgel beeindruckt fast alle. "Können Sie Orgel spielen?", wird der Historiker neugierig gefragt. Antweiler verneint lächelnd. Dann lässt er die Schüler das Kirchentor bestaunen. "Da sieht man eine Hälfte nette Menschen und eine Hälfte böse Menschen drauf", beschreibt Ezra und meint die Darstellung der Unbarmherzig- und Barmherzigkeit.

Natürlich darf ein Stopp an Wilhelm Fabrys Statue auf einer Hildentour nicht fehlen. Auf die Frage nach dem Namen seiner Ehefrau schnellen die Finger in die Höhe: "Marie Colinet", sind sich die Schüler einig. Kein Wunder, erst diesen Sommer wurde ihre Sekundarschule nach der berühmten Hildenerin benannt, über die es eine besonders beeindruckende Anekdote zu erzählen gibt. "Der Arzt Fabry wollte einst einem Mann einen Eisensplitter aus dem Auge entfernen, das klappte aber nicht. Da kam seine Frau auf die Idee, einen Magneten zu nehmen und schon war der Splitter draußen", erzählt Antweiler. Die Leidenschaft, mit der er sein Wissen vermittelt, lässt nicht nach, dagegen aber die Konzentration der Schüler. Zwei Stunden sind eine lange Zeit. Am Ende der Tour dürfen alle noch einmal in der Jacobuskirche zur Ruhe kommen. Lehrer Frank Nau zieht Bilanz.

"Das war viel für die Schüler. Man hat schon gemerkt, dass sie jetzt einfach erschöpft sind und sich auf die Mittagspause in der Schule freuen."

(dani)
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