Hilden/Haan Städte investieren ganz unterschiedlich in ihre Infrastruktur

Hilden/Haan · Sachsen-Anhalt hat sich ganz von PPP-Finanzierungsmodellen verabschiedet. Hilden arbeitet mit kommunalen Gesellschaften.

 Die neue Mensa am Schulzentrum Walder Straße in Haan ist an die frühere Aula angebaut worden. Das Projekt wurde als PPP-Maßnahme verwirklicht.

Die neue Mensa am Schulzentrum Walder Straße in Haan ist an die frühere Aula angebaut worden. Das Projekt wurde als PPP-Maßnahme verwirklicht.

Foto: ola

Public Private Partnership (PPP) galt lange als Königsweg zur alternativen Finanzierung öffentlicher Bauvorhaben. Ein privater Investor baut, saniert oder betreibt öffentliche Gebäude. Die Kommune oder das Land mietet nur für eine bestimmte Zeit. Vorteil: Die Stadt muss zunächst nur die Miete und nicht die volle Investitionssumme aufbringen. Angeblich sollte diese Art der Finanzierung sogar günstiger sein als die klassische kommunale Baufinanzierung.

In den vergangenen Jahren mehren sich jedoch kritische Stimmen. Das Land Sachsen-Anhalt macht beispielsweise keine PPP-Projekte mehr. Der Landesrechnungshof hatte festgestellt, dass es keine finanziellen Vorteile gibt, sondern im Gegenteil erhebliche Nachteile und Risiken. Der Publizist Werner Rügeme (Köln) hat diverse gescheiterte PPP-Projekte untersucht. Sein Fazit: Investoren könnten die öffentliche Hand erpressen und durch Nachforderungen die Mietzahlungen und die Gesamtkosten in die Höhe treiben.

Die Stadt Haan hat die Feuerwache, die Grundschule Mittelhaan/Musikschule und die Sanierung des Schulzentrums Walder Straße (samt Mensa-Neubau) als PPP-Projekt verwirklicht. Auch der Neubau des Gymnasiums soll auf diese Weise realisiert werden. Welche Erfahrungen hat die Gartenstadt mit dem PPP-Modell gemacht? "Bisher nur beste Erfahrungen", berichtet Ute Eden, Leiterin des Hochbauamtes.

Das habe damit zu tun, dass Haan nur "PPP light" praktiziere: "Der Fremdfinanzierungsanteil liegt nur bei etwa 10 Prozent. 90 Prozent bringt die Stadt über klassische Kommunalkredite auf." Vereinfacht ausgedrückt "umgeht" die Stadt mit Hilfe von PPP das vorgeschriebene Ausschreibungsverfahren. Danach müsste sie den Neubau des Gymnasiums öffentlich ausschreiben - und nach dem Vergaberecht dem billigsten Anbieter den Zuschlag geben. Der Billigste muss aber nicht der Günstigste sein. Um den Zuschlag zu erhalten, wird nicht selten an der Qualität gespart oder Kosten "herausgerechnet", die dann während des Baus plötzlich wieder auftauchen. Das ist einer der Gründe für die offenbar unvermeidliche Kostenexplosion bei öffentlichen Bauvorhaben. Dank "PPP light" kann sich die Stadt Haan ein Unternehmen aussuchen, das ihr die Immobilien nach ihren Wünschen kostengünstig saniert oder erstellt. Eden: "Wir als Stadt sind und bleiben Eigentümer. Der Investor übernimmt die Instandhaltung nur in den ersten fünf Jahren. Das sorgt dafür, dass die Unternehmen bei der Bauausführung auf Qualität achten." Voraussetzung sei allerdings, dass die Verwaltung alle PPP-Projekte "intensiv fachkundig begleitet": "Jedes PPP-Projekt hat bei uns in der Verwaltung einen Fachingenieur, der sich darum kümmert."

Die Stadt Hilden macht überhaupt keine PPP-Projekte, sondern bediente sich in der Vergangenheit ihrer eigenen Gesellschaften. "Das ist eigentlich PPP mit uns selbst", erläutert Kämmerer Heinrich Klausgrete. Er ist Geschäftsführer der Stadt Hilden Holding. Sie ist Dach des "Konzerns Stadt Hilden". Die beiden städtischen Seniorenzentren Hummelsterstraße und Erikaweg, die Gemeinnützige Jugendwerkstatt, die Sporthalle Hoffeldstraße, das evangelische Gemeindehaus Schulstraße mit Kita und Wärmestube sowie die sanierte Feuerwache: Alle diese Gebäude (und einige Grundstücke) gehören nicht der Stadt, sondern der Infrastrukturgesellschaft Hilden (IGH). Sie wurde 2004 gegründet, unter anderem zum Bau und der Vermietung von Infrastruktureinrichtungen in Hilden.

Neben der Stadt (48 Prozent) hielt die West GkA (Gesellschaft kommunaler Anlagen) 52 Prozent der Anteile. An der West GkA waren die Stadt und die WestLB beteiligt war. Die Westdeutsche Landesbank wird auf Druck der EU-Kommission abgewickelt. Hätte die Stadt die kompletten 52 Prozent GkA Anteile der WestLB übernommen, wären rund 586 000 Euro Grunderwerbssteuer fällig geworden. 2012 fand ein Gesellschafterwechsel statt. Die Grundstücksgesellschaft der Stadtwerke Hilden mbH hat 94,9 Prozent der Infrastrukturgesellschaft (IGH) übernommen, die Stadt Hilden hält 5,1 Prozent der Anteile.

Zwei Mitglieder des alten Stadtrates kritisierten die jahrelang geübte Praxis, öffentliche Aufträge ohne Ausschreibung an die IGH zu vergeben - und wandten sich an die Kommunalaufsicht. Landrat Thomas Hendele sah abschließend keinen Anlass einzuschreiten, nachdem weder Bezirksregierung noch Landesinnenministerium mit dem Hildener Modell Probleme hatten. Weil die städtischen Aufträge über die städtische Vergabestelle unter Beteiligung der IGH-Organe (im Aufsichtsrat sitzen Stadträte) erfolgt seien, sei diese Praxis zulässig.

(RP)
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