Hilden Täglich ein hartgekochtes Ei

Hilden · Ilse Plapper wird bald 100. Sie ist eine rüstige Dame. Ihre Betreuerin hilft bei unserem Gespräch.

Wenn uns jemand etwas über Frau Plapper, die in wenigen Tagen ein ganzes Jahrhundert erlebt hat, erzählen kann, dann ist das Regina Beek. "Ich kenne die Ilse seit meiner Geburt", sagt die 54-Jährige und lacht. Oder fast, denn als sich die Plappers Anfang der 70er Jahre ein Gründstück im Westen Hildens aussuchten und dort bauten, da gab es Regina Beek schon, und sie hatte fortan neue Nachbarn. "Sie war wie eine weitere Oma für mich", die am Sonntag auf einen Kuchen einlud oder sie samstags mit in die Stadt nahm und bei Hausaufgaben half.

Ob es nun das Geheimnis für ein hohes Alter ist oder einfach nur lecker - Ilse Plapper schwört bis heute auf ein hartgekochtes Ei täglich. Das passt gerade gut in die Zeit - und mit dem 16. April wird ihr Geburtstag immer mal wieder in die Ostertage gefallen sein.

Sie war ihr Leben lang in Bewegung, Spaziergänge mit den Hunden, im Urlaub in Südtirol oder im Allgäu. 20 Jahre Stammgäste im Hotel Paradies. Davon zeugen zahlreiche Fotoalben, sauber sortiert und beschriftet. Sie zeigen auch Menschen, die heute nicht mehr dabei sein können: ihren Mann Jürgen, Sohn Klaus und die Schwiegertochter - Ilse Plapper hat sie alle überlebt. Und möchte hier nicht weg, aus ihrem Heim seit 40 Jahren. Sie hat Glück, dass sie Regina Beek hat und den Pflegedienst. Als das Haus gebaut wurde, dachte noch niemand an ein Leben im Rollstuhl, davon zeugt die Treppe, die zu Wohnzimmer und Terrasse heraufführt. "Ich schiebe sie dann über den Garten nach oben", sagt Beek.

Wenn die Sonne scheint, ist die Terrasse mit ihr geflutet. So auch heute. Im Garten nebenan sind die Nachbarn zu sehen. Jedoch nicht hinter einem Zaun. "Wir haben damals bewusst auf den Zaun verzichtet", erklärt Hans-Joachim Eitland. Er hat viele Jahre zusammen mit Jürgen Plapper bei Henkel gearbeitet. "Eine ausnehmend gute Nachbarschaft", sagt der 87-Jährige und belegt dies mit einer Anekdote. "Als wir damals einen Hund wollten, haben wir natürlich erst nachgefragt", die Plappers stimmten zu und holten sich auch einen.

Zur Tierliebe kam bei Ilse Plapper auch die Liebe zu den Pflanzen, und so züchtete sie rund um das Gründstück feine Rosen. Heute kümmert sich ein Gärtner von Zeit zu Zeit um die kostbaren Gewächse. Musikalisch hatte es ihr die Oper angetan, auch beim Sonntagskuchen erklang klassische Musik vom Plattenspieler. Ihre Hobbys machten Ilse Plapper das Leben abwechslungsreich, ihre Freunde noch mehr. "Bis vor vier Jahren wurden noch jährliche Klassentreffen veranstaltet", erinnert sich Beek. Jedes Mal im Haus einer anderen ehemaligen Klassenkameradin aus dem Mädchenpensionat. Und auch auf den Geschäftsreisen ihres Mannes musste sie auf ihr "Damenprogramm" mit den anderen Ehefrauen nicht verzichten. "Sie war in Brasilien, China", erzählt Regina Beek, als Ilse Plapper sich doch einmal selbst zu Wort meldet: "Nee, in China war ich nicht."

Doch Beek ist sich ganz sicher, sie war dort.

(höv)
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