Rp-Serie Glaubensgemeinschaften (4) Viele Nationen in einer einzigen Moschee

Hilden · In Hilden leben schätzungsweise rund 1000 Marokkaner, 220 sind Mitglieder im marokkanischen Freundeskreis. Seit 2012 die marokkanische Moschee an der Telleringstraße eröffnet wurde, beten Islamgläubige dort gemeinsam.

 Blick in das Freitagsgebet: Der Imam hat gepredigt, und Dolmetscher Salah El Halimi (vorne links) übersetzt alles ins Deutsche.

Blick in das Freitagsgebet: Der Imam hat gepredigt, und Dolmetscher Salah El Halimi (vorne links) übersetzt alles ins Deutsche.

Foto: Olaf Staschik

Freitag Mittag, 13.45 Uhr. Hunderte Männer aller Altersgruppen strömen aus dem Gebetsraum der marokkanischen Moschee, ziehen ihre Schuhe an, klopfen sich zum Abschied freundschaftlich auf die Schulter oder stehen noch ein wenig beieinander, essen Datteln. "Datteln sind Kultur und Tradition, früher waren sie in Mekka eine der Hauptspeisen, sie geben viel Kraft und Energie aufgrund ihres hohen Zuckergehaltes", schwärmt Mohamed Bouziani, Vorsitzender des marokkanischen Freundeskreises. Der Imam hat gepredigt, Dolmetscher Salah El Halimi alles ins Deutsche übersetzt. "Viele andere Nationalitäten nehmen an unserem Gebet teil, zum Beispiel eingedeutschte Bosnier oder Albaner, die sind sehr dankbar für diese Möglichkeit des Verstehens. Und viele unserer Jugendlichen verstehen besser Deutsch als Marokkanisch."

Von außen wirkt die marokkanische Moschee an der Telleringstraße wie ein normales, modernes Gebäude, einzig das baulich nur angedeutete Minarett lässt auf ein Gebetshaus schließen. Ein Blick in den riesigen Gebetsraum für die Männer erklärt dagegen sofort, warum der Bau der 2012 fertiggestellten Moschee drei Jahre gedauert hat: Die Wände sind mit tausenden bunten, marokkanischen Fliesen gekachelt, aufwendige Stuckarbeiten zieren die hohen Decken, alles erarbeitet in müheseliger Handarbeit. Große Kronleuchter sorgen, wie die vielen geschwungenen Fenster, für Licht, jordanischer Teppich bedeckt den Boden. "Wir haben 2,5 Millionen Euro fast ausschließlich aus europaweiten Spenden finanziert, 800 000 Euro haben wir vom marokkanischen Staat erhalten", sagt Sprecher Said Azmaa. "Wir wollen vor allem eins", ergänzt er "transparent für alle sein. Wir haben nichts zu verbergen. Wir sind praktizierende, tolerante Moslems." Extremisten und Fanatismus finden in der Hildener Gemeinschaft keinen Raum. "Wir sind von den Islamisten genauso weit entfernt wie die anderen Religionen. Ich distanziere mich schon als Mensch und nicht nur als Islamgläubiger von solchen Menschen und deren Taten."

In Hilden, betont Said Azmaa, gebe es keine Integrationsprobleme. Und auch Bürgermeisterin Birgit Alkenings schwärmte bei der Vergabe des Integrationspreises, dass das Zusammenleben der verschiedenen Nationalitäten grundsätzlich gut funktioniere. "Ich fühle mich hier absolut angenommen, ich bin hier groß geworden, Hilden ist meine Heimat. Man gesteht mir dieses Gefühl auch zu. Ich fühle mich hier sicher", sagt Azmaa. Um Berührungsängsten von außen zu begegnen, bietet der marokkanische Freundeskreis unter anderem Führungen für Schulklassen an, Sprachunterricht in Deutsch oder Arabisch, es gibt Tage der offenen Tür, ein Fest für Flüchtlinge in Koordination mit der Stadt ist in Planung.

Für die meisten Islamgläubigen bleibt der Koran ein Leben lang eine Herausforderung. Er bietet statt starrer Vorgaben Interpretationsfreiräume, sagt Said Azmaa. "Natürlich gibt es Spielräume, denn Gott erlegt jedem nur das auf, was seine Seele auch aushalten kann."

(dani)
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