Hilden Vion: 160 müssen ohne Sozialplan gehen

Hilden · Der Fleischkonzern entlässt die Hälfte der Hildener Mitarbeiter. Nicht alle erhalten einen Ausgleich.

 Der Fleischverarbeiter Vion gibt unter anderem dieses Gebäude am Westring auf, ebenso seinen Werksverkauf.

Der Fleischverarbeiter Vion gibt unter anderem dieses Gebäude am Westring auf, ebenso seinen Werksverkauf.

Foto: Olaf Staschik

Rund 550 Männer und Frauen sind zurzeit für den Fleischkonzern Vion in Hilden tätig. Etwa 350 davon arbeiten bei Fremdfirmen, die mit Vion dazu Werkverträge abgeschlossen haben. "Die meisten der Werkvertragsarbeiter sind Rumänen und Bulgaren", berichtet Hans-Joachim Bondzio, NRW-Geschäftsführer der Gewerkschaft DHV. "Wenn ihnen gekündigt wird, erhalten sie keine Sozialplan-Leistungen, sondern müssen sich selbst nach einem neuen Job umsehen."

Dies wird etwa 160 treffen. Denn der Schlachtkonzern, der in Hilden angeliefertes Fleisch zerlegt und weiterverarbeitet, will seinen Standort am Westring verkleinern und die Mitarbeiterzahl nahezu halbieren, weil die angemieteten Gebäude zu groß seien, erklärt er. 85 bei Vion direkt angestellte und 160 fremde Arbeiter müssen dafür gehen.

Während der Betriebsrat in Verhandlungen mit der Geschäftsführung heraushandeln konnte, dass die Zahl der Gekündigten in der Stammbelegschaft von 95 auf 85 reduziert wird und der vereinbarte Sozialplan ein Jahr Gültigkeit hat, kann er nach eigenen Angaben für die Kollegen bei den Subunternehmen nichts machen. Er darf laut Gesetz nur die werkseigenen Beschäftigten vertreten.

Auch die Gewerkschaft sieht sich machtlos. "Gegen Werkverträge ist grundsätzlich nichts zu sagen", erklärt Hans-Joachim Bondzio. Derartige Verträge kämen täglich zustande, zum Beispiel mit Malern oder Installateuren. Problematisch werde es erst, wenn die Bezahlung nicht stimmt. Von einigen, die über Fremdfirmen für Vion tätig sind, wisse er, dass sie nur fünf Euro die Stunde erhielten. Brutto. "Der Haustarifvertrag für die werkseigenen Vion-Angestellten liegt bei 9,18 Euro brutto die Stunde."

Weil es aber in der Fleischbranche keinen Flächentarifvertrag als Vergleich gebe, könne man auch derart niedrige Löhnen nicht als sittenwidrig melden. "Denn sittenwidrig ist ein Lohn erst dann, wenn er den Flächentarifvertrag um ein Drittel unterschreitet."

Durch die Sprachbarriere sei es außerdem schwierig, an die rumänischen und bulgarischen Arbeitnehmer heranzutreten. Und Berührungspunkte mit den Vion-eigenen Angestellten gebe es nur wenige. Die Beschäftigen der Fremdfirmen arbeiteten in separaten Hallen, viele würden morgens mit Bussen von ihren Wohnungen zur Arbeit gebracht und nach dem Job wieder zurück. "Häufig mieten die Fremdfirmen größere Wohnungen an, die sich ihre Arbeiter zu fünft oder sechst teilen und dann 100 bis 200 Euro Miete jeder zahlen." Ob die Fremdarbeiter immer wissen, was sie hier erwartet, könne er nicht sagen, so Bondzio. "Sie gehen sicher davon aus, dass sie hier bessere Arbeitsbedingungen vorfinden als in der Heimat." Das könne sogar durchaus der Fall sein. "Die Frage ist aber auch, ob sie tatsächlich alle Stunden bezahlt bekommen, die sie arbeiten."

Weiteres Problem: "Seit zwei, drei Jahren sehen wir mit Sorge die Entwicklung, dass in der Fleischbranche die Stammbelegschaft durch Werkvertrag-Arbeitnehmer ersetzt wird." Hier sei die Politik gefordert, den Missbrauch von Werkverträgen einzudämmen: Eine Forderung übrigens, der sich auch SPD-Kanzlerkandidat bei einer Diskussion am Freitagabend in Hilden anschloss.

Das Arbeitsamt kann zu dieser Entwicklung nichts sagen. "Die Unternehmen melden uns ihre Werkverträge nicht", erklärt Lars Beyer, Sprecher der Arbeitsagentur. "Wenn wir aber Kenntnis bekommen, dass Werkverträge unrechtmäßig dazu genutzt werden, um Mindestlöhne in der Zeitarbeit zu unterschreiten, melden wir dies dem Zoll."

(RP)
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