Marcus Amelung im Interview Wer nicht im Netz ist, ist unsichtbar

Hilden · Der Inhaber des Hildener Spielwarengeschäftes "Pinocchio" ist auch online erfolgreich.

Nicht immer sehen Einzelhändler im Internet eine Gefahr: Nach Angaben des Rheinischen Einzelhandels- und Dienstleisterverbandes sind bereits 30 Prozent der so genannten stationären Händler auch online tätig. Der Verband erwartet, dass sich dieser Trend fortsetzt: "Stationärer und Online-Handel werden weiter verschmelzen", heißt es.

Ein Beispiel dafür ist der Spielwarenhandel "Pinocchio", der in Hilden mit einem Geschäft in der Bismarck-Passage und zwei weiteren Standorten in Solingen vertreten ist. Inhaber Marcus Amelung sieht im Internet eine Chance, sich gegen den starken Druck der großen Ketten zu behaupten.

Herr Amelung, viele Ihrer Berufskollegen haben Angst vor dem Internet. Sie offenbar nicht. Warum?

Amelung Das Internet ist ein Medium, das nicht mehr wegzudiskutieren ist. Wer dort nicht präsent ist, wird übersehen. Das Einkaufsverhalten der Kunden hat sich massiv verändert. Das bringt für den Einzelhandel die Verpflichtung mit sich, gleichzeitig vor Ort und im Internet präsent zu sein. Über den Verkauf entscheidet nicht immer nur der Preis, sondern auch die Verfügbarkeit.

Was heißt das?

Amelung Viele Spielwaren-Händler stellen auf ihrer Homepage einfach die aktuelle Lieferfähigkeit der Großhändler und Produzenten. Will der Kunde bestellen, zeigt sich aber oft, dass die Ware gar nicht verfügbar ist, weil der Artikel zum Beispiel ausverkauft ist oder nicht mehr produziert wird. Wir haben rund 25 000 Artikel online und können fast immer garantieren, dass die Kunden ihre Bestellung innerhalb von zwei Tagen erhalten.

Wie schaffen Sie das?

Amelung Wir haben zwei Lager, eins für Spielwaren, eins für Modellbau. Zusätzlich haben wir sehr gute Mitarbeiter, die das Zusammenspiel von den Filialen optimieren.

Wie groß ist Ihre Verkaufsfläche?

Amelung Sie umfasst über alle drei Standorte zirka 1200 Quadratmeter.

Und wie viele Angestellte haben Sie?

Amelung Ich habe 16 Mitarbeiter.

Wie würden Sie die Situation in der Spielwarenbranche beschreiben?

Amelung Es ist ein hartes Brot. Die Großen haben den Vorteil, dass sie Millionenbeträge abschreiben können. Ihre Preise sind teilweise so niedrig wie der Einkaufspreis oder liegen sogar darunter. Sie können Verluste einfach besser verkraften. Da ist es schwer, im Online-Business Fuß zu fassen. Wir können uns Verluste nicht leisten. Bei uns ist zum Beispiel jedes Paket, das rausgeht, versichert. Das kostet einfach Geld. Auch der stationäre Handel kostet Geld. Die Kunden möchten Beratung durch Fachpersonal, Geschenkverpackung und Tüten gratis dazu.

Warum sind Sie trotzdem erfolgreich am Markt?

Amelung Es hat sich herauskristallisiert, dass der klassische Käufer von Spielwaren die Nähe eines Fachhändlers sucht.

Er will das Spielzeug vorher anfassen und ausprobieren.

Amelung Das auch, aber es geht im Wesentlichen um den so genannten "After Sales Service", also das Nachkaufgeschäft. Das ist ein wichtiger Service, wenn zum Beispiel etwas repariert werden soll oder Ergänzungslieferungen gewünscht sind. Es ist erwiesen, dass Kunden in unserer Branche einen Radius von 30 bis 40 Kilometern in Kauf nehmen, um zu einem Spielwarenfachhändler zu kommen.

Was würden Sie Ihren Berufskollegen raten, die Ähnliches planen?

Amelung Die Kunden dürfen nicht den Eindruck haben, dass sie es mit einem Garagen-Händler zu tun haben. Der Internet-Auftritt muss also wertig sein. Außerdem muss man die Homepage permanent betreuen - sie muss aktualisiert werden, vernünftige Bilder haben und bei Suchmaschinen gelistet sein. Im Prinzip ist das ein Fulltime-Job. Es ist schon ein großer Aufwand, der da betrieben werden muss.

Was ist zurzeit besonders gefragt?

Amelung Playmobil und Lego, außerdem schon Sommerspielwaren für draußen. Es gibt aber in dem Sinne keine Top-Seller mehr. So gibt es zum Beispiel acht bis neun verschiedene Monopoly-Spiele. Wir verkaufen verschiedene Artikel, diese aber nicht mehr in der Stückzahl wie früher. Es gibt mittlerweile ein sehr breites Sortiment. Dadurch kommen Spitzen von einzelnen Produkten nicht mehr so häufig vor.

Für wie viel kauft ein Spielwarenkunde ein?

Amelung Das lässt sich kaum pauschalisieren. Es schwankt zwischen 10 bis 50 Euro.

Wann ist Ihre Hochsaison?

Amelung November und Dezember sowie die Osterzeit.

Was macht Ihnen besonders viel Spaß an Ihrem Job?

Amelung Sind wir nicht alle irgendwo noch Kinder? Hier kann man täglich Spaß haben und Kinder glücklich machen. Was möchte man mehr.

ALEXANDRA RÜTTGEN STELLTE DIE FRAGEN.

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort