Haan Wichtigstes Souvenir: gesundes Bein

Düsseldorf · Der Kplus-Verbund engagiert sich für das Friedensdorf. Derzeit werden zwei Mädchen aus Afghanistan im St.-Josef-Krankenhaus Haanmit einer Knochenmarksentzündung behandelt. Nächste Woche werden Fahima (8) und Suhila (9) zur Rehabilitation nach Oberhausen gebracht.

Aus dem derzeitigen "Kinderzimmer" der chirurgischen Station des St.-Josef-Krankenhauses dringt Gequassel und Gelächter – wie meistens, wenn sich eine Acht- und eine Neunjährige ein Zimmer teilen. Nur, dass die Gespräche zwischen Fahima und Suhila auf Dari stattfinden, einer der afghanischen Landessprachen.

Entzündung fraß die Knochen weg

Vor einem Monat sind die beiden Mädchen mit 83 anderen Kindern unter der Obhut von Mitarbeitern des Friedensdorfes Oberhausen aus Kabul nach Deutschland gekommen. Beide haben eine Entzündung, die vermutlich auf Grund von Mangelernährung und falscher Therapie allmählich den Knochen im Bein weggefressen hat. "Wenn man die Röntgenbilder sieht", sagt Dr. Wolfram Habel nachdenklich, "dann wundert man sich, dass die beiden überhaupt laufen konnten."

Der Oberarzt der Chirurgie hat die Mädchen operiert ("Diese Einsätze sind das, wofür ich diesen Beruf erlernt habe") und freut sich über die Fortschritte, die sie machen. "Das Traurige ist, dass diese Entzündungen auch in Kabul hätten geheilt werden können", sagt der 49-Jährige, der selbst zwei Kinder hat. Doch eine dreimonatige Antibiotika-Therapie ist für die Familien zu teuer. Suhilas Vater arbeitet als Tagelöhner – ein einziges Röntgenbild kostet in Afghanistan so viel, wie er in einem halben Jahr verdient. Vom Kabuler Arzt Dr. Abdul Marouf, der seit vielen Jahren mit dem Friedensdorf zusammenarbeitet, hatte er von der Möglichkeit erfahren, seine Tochter mit einem Kinder-Transport nach Deutschland zu schicken.

Angst hatten die beiden Mädchen vor der Reise in das fremde Land nicht – nur vor dem Fliegen. "Wir wussten aber, dass wir nach Deutschland kommen, um gesund zu werden", betont Fahima (8). Schmerzen haben die Mädchen keine mehr. "Die Ärzte und die Krankenschwestern sind gute Menschen", sagt Suhila mit einem dankbaren Lächeln. Anfangs hatte die Neunjährige befürchtet, dass sie in einem Zimmer allein gelassen und sich niemand um sie kümmern würde.

Davon kann keine Rede sein: Immer wieder schaut jemand vom Pflegepersonal oder eine Landsfrau der im Rheinisch-Bergischen erstaunlich gut vertretenen afghanischen Bevölkerung vorbei. Auch Regine Jäger-Zimmer sieht jeden zweiten Tag nach ihren Schützlingen. Die Ambulanzschwester des Haaner Krankenhauses hatte im Sommer letzten Jahres einen afghanischen Jungen kennengelernt, der mit dem letzten Friedensdorf-Transport kam. Sein Elend rührte die Mutter eines Vierjährigen so an, dass sie sich im Friedensdorf Oberhausen zur ehrenamtlichen Betreuerin ausbilden ließ.

Gespräch mit Händen und Füßen

Mit Händen, Füßen und einem blauen Schnellhefter, auf dem die wichtigsten Worte und Sätze auf Deutsch, in persischen Schriftzeichen und Lautsprache abgebildet sind, funktioniert die Kommunikation inzwischen recht gut. Auch dank des regelmäßig laufenden Kinderkanals haben Suhila und Fahima schon einige Brocken Deutsch aufgeschnappt. "Aber wenn ich komme, machen sie schnell den Fernseher aus und rufen: Bosi, bosi – spielen, spielen!", erzählt die 41-Jährige lachend. "Mensch ärgere dich nicht" gehöre zu ihren Lieblingsspielen.

(RP)
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