Michael Ruland "Zeigen, was Christen ausmacht"

Hilden · Der Diakon an St. Jacobus spricht am Freitag, 2. September, um 19.30 Uhr in der Stadtbücherei am Nové-Mesto-Platz über "Willkommenskultur für Flüchtlinge".

Um wie viele Flüchtlinge kümmert sich die Flüchtlingshilfe der Gemeinde St. Jacobus zurzeit?

ruland Die katholische Kirchengemeinde St. Jacobus kümmert sich um mehr als 200 Flüchtlinge in unterschiedlichen Initiativen wie zum Beispiel Café International, in Sprachkursen oder auch in der Beratung von Flüchtlingen. Auch der Sozialdienst SKFM in Hilden hat eine Vielzahl von Angeboten für Flüchtlinge. Hier ist besonders die Kleiderkammer zu erwähnen.

Betreuen Sie nur Glaubensbrüder und -schwestern?

Ruland Unsere vielfältigen Angebote nutzen Menschen aus allen Religionen und Kulturen. Die Mehrheit sind Muslime. Einige christliche Flüchtlinge sind mittlerweile Teil unserer Gemeinde und werden auch persönlich betreut.

Wie sieht die Betreuung konkret aus? Wer kümmert sich um die Hilfesuchenden?

Ruland Die vielfältigen Angebote werden von ehrenamtlichen Helfern organisiert, koordiniert und betreut. Rund 100 Freiwillige, die im Übrigen nicht nur aus der Pfarrgemeinde kommen, engagieren sich. Für unsere Beratungssprechstunde wurde über den Caritasverband in Mettmann zusätzlich eine professionelle Kraft eingestellt.

Was ist für Sie Willkommenskultur?

Ruland Die Ersthilfe der ankommenden Flüchtlinge lief bisher überall hervorragend. Die Frage, die sich zunehmend auch uns stellt, ist: Was kommt danach? Der Begriff Willkommenskultur klingt zwar sympathisch, ist aber eher unscharf. Teilt man dieses Wort in seine zwei Teile, dann ist Willkommen der Ausdruck des Auftaktes; Kultur hingegen meint etwas Nachhaltiges.

Welche speziellen Herausforderungen für Christen sehen Sie?

Ruland Als Herausforderung für uns Christen sehe ich, dass wir neben der notwendigen Versorgung der Flüchtlinge uns auf die Menschen einlassen. Dem Menschen mit seinem Namen und seiner Geschichte ein Gesicht geben. Die christlichen Kirchen müssen aus ihrer Binnenbezogenheit herauskommen und haben damit die Chance zu zeigen, was einen Christen ausmacht. Ein Buch, das ich gerade lese, beginnt mit folgendem Satz im Vorwort: "Die Welt brennt, und wir gießen in der Sakristei die Geranien". Darüber hinaus ist es unsere Aufgabe, dort wo Unrecht geschieht, die Stimme zu heben und damit Anwalt für diese Menschen zu sein.

Ich habe gelesen, viele muslimische Flüchtlinge lassen sich taufen, weil sie sich davon Vorteile versprechen. Beobachten Sie das auch?

Ruland Taufen von Muslimen sind in Hilden bisher die Ausnahme. Die Deutsche Bischofskonferenz weist darauf hin, dass Menschen in Abhängigkeitsverhältnissen nicht zur Taufe geführt werden dürfen. Eine Konversion stellt einen Bruch in der Biographie dar. Die Konvertiten werden von ihren Familien verstoßen. Daher muss aus meiner Sicht ein solcher Schritt gut vorbereitet werden. Ausländerrechtliche Vorteile sind mit der Taufe im Übrigen nicht verbunden.

Ein Düsseldorfer Gericht hat entschieden, dass Bürgen auch für anerkannte Asylbewerber zahlen sollen.

Ruland In unserer Gemeinde haben rund 50 Bürgen für etwa 100 syrische Bürgerkriegsflüchtlinge Verpflichtungserklärungen übernommen und ihnen damit die legale und sichere Einreise nach Deutschland ermöglicht. Nach dem neuen Integrationsgesetz 2016 gelten diese Verpflichtungserklärungen für die Dauer von drei Jahren. Zuvor war die Haftung begrenzt bis Anerkennung als Asylant, also etwa eineinhalb Jahre. Unser zeitliches Engagement ist also verdoppelt worden. Nicht zuletzt deshalb benötigen wir weiterhin Spenden für den Lebensunterhalt der zu uns Geflohenen. Ob das Integrationsgesetz 2016 an dieser Stelle verfassungsgemäß ist, wird zu überprüfen sein. Wir vermuten eine unerlaubte gesetzliche Rückwirkung.

CHRISTOPH SCHMIDT STELLTE DIE FRAGEN.

(RP)
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