Hückelhoven Anekdoten rund um "Alder mylen"

Hückelhoven · Die Altmyhler Hymne an die Ziege und viele Geschichten zogen mehr als 30 Interessenten zum Erzählabend.

 Blick über Wiesen und Felder auf Altmyhl und die Halde; rechts die "Zwillingstürme" von Sophia-Jacoba.

Blick über Wiesen und Felder auf Altmyhl und die Halde; rechts die "Zwillingstürme" von Sophia-Jacoba.

Foto: STADTARCHIV

Zum Schluss holte die langjährige Orts-Aktivistin Mechtild Jansen die Altmyhler "Nationalhymne" heraus, das Lied "Wir haben eine Ziege", das der Lehrer und Geschichtsforscher Hans Rollesbroich vor Jahrzehnten getextet hatte; ein Wechselgesang zwischen der Vortragenden und dem Publikum. Mit zungenbrecherischen Verballhornungen beschlossen mehr als 30 Interessenten den Erzählabend "Geschichten aus der Geschichte von Altmyhl". Dazu hatte der Arbeitskreis (AK) Hückelhoven im Heimatverein der Erkelenzer Lande in den Altmyhler Hof geladen.

AK-Organisator Heinz Everts hatte die Veranstaltung vorbereitet und leitete nach der Begrüßung durch AK-Leiter Willi Spichartz mit einigen Daten über den mit gut 270 Einwohnern kleinsten Hückelhovener Stadtteil Altmyhl ein, der erstmals 1455 als "alder mylen" erwähnt wurde. Nach dem früheren Leiter des Kreismuseums, Leo Gillessen, ist mylen eine "vordeutsche" Gewässerbezeichnung, die sich auf den Flossbach am Ortsrand bezieht. "Alder mylen" lässt darauf schließen, dass Altmyhl älter als Myhl ist, so Heinz Everts. Und erste Beiträge aus der Teilnehmerschar drehten sich denn auch um die Bachläufe am Faulendriesch, die wegen der Bergehalde der Zeche Sophia-Jacoba umgeleitet werden mussten. Für Heiterkeit sorgten die Erinnerungen daran, dass vor gut vier und mehr Jahrzehnten überlegt worden war, Altmyhl wegen der Bergehalde ganz aufzugeben, den Ort einfach zuzuschütten. Umgekehrt verschaffte der schlechte Fernsehempfang über Satelliten durch die Halde dem Örtchen eine Verkabelung lange vor den anderen Landstädten.

Die gebürtige Altmyhlerin Luise Everts hatte die Geschichte ihrer Kindheit und Jugend in dem überschaubaren Ort auf einem Bauernhof schriftlich festgehalten - die Reaktionen der Anwesenden zeigten, dass sie das Lebensgefühl der Dörfler am Floßbach im Wandel der Zeit getroffen hat, eine Fortsetzung in einem nächsten Abend "Geschichten aus der Geschichte von Altmyhl" wurde ausdrücklich gewünscht.

Hückelhovens Alt-Bürgermeister Werner Schmitz hatte das Zeitgeschehen im Blick, als er seine Kinderzeit als Flüchtling, "wie heute aus dem Süden", aus Westfalen in Myhl/Altmyhl schilderte. Direkt nach dem Krieg stand in der ganz schlechten Zeit 1947 seine Kommunionfeier an, er klapperte die Myhler Bauern ab, um ein paar Eier für "das Festmahl zu erbetteln". Im großen Myhl wurde er mit einem Ei abgespeist, im kleinen Altmyhl, die Zechensiedlung existierte noch nicht, sagte ihm Bauer Rau vom Kleerhof: "Geh' in den Hühnerstall, du kannst alle Eier nehmen, die Du findest". Klein-Werners Mutter glaubte ihm nur schwer, dass die 13 gefundenen Eier legaler Bettelerfolg waren. Über die Zeit hat Werner Schmitz ein Buch gemacht mit dem Titel "Geht doch dahin, wo Ihr herkommt!"

Dass Bauer Rau ein Wohltäter war, bestätigten weitere Erzähler wie Alt-Lehrer Josef Randerath und Mechthild Jansen. Zur regelmäßigen Haussammlung für die Kapelle gab Rau jeweils den größten Beitrag, Mechtild Jansen verwaltet Kasse und Kassenbuch heute noch. Mit einem längeren Gedicht zu den landwirtschaftlichen Gegebenheiten im Ort und Ackerpferd "Schnucki" im Zentrum setzte sie einen weiteren Akzent.

Dass "Myhl und Altmyhl keine Liebesbeziehung" führten, führten einige Teilnehmende ins Feld - Willi Spichartz konnte das mit der Tatsache bestätigen, dass Altmyhl 1951 von Myhl in die Großgemeinde Hückelhoven-Ratheim wechseln wollte, der Myhler Gemeinderat, die Amtsvertretung und der Kreistag lehnten das jedoch ab. 1972 wurde es für Altmyhl dann doch noch Wirklichkeit.

(RP)
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