Hückelhoven Bergbautradition lebt weiter

Hückelhoven · Vier ehemalige Bergleute von Sophia-Jacoba erzählten beim Neujahrsempfang der Stadt Hückelhoven von ihren Anfangsjahren bei der Zeche, deren bitterem Ende und dem Bewahren der Tradition.

 Franz-Josef Bücken, Vorsitzender des Knappenvereins, erklärte beim Neujahrsempfang die Symbolik der Details an den Kitteln der Knappen. Aus der Arbeitskleidung der Bergleute entstand die Festmontur.

Franz-Josef Bücken, Vorsitzender des Knappenvereins, erklärte beim Neujahrsempfang die Symbolik der Details an den Kitteln der Knappen. Aus der Arbeitskleidung der Bergleute entstand die Festmontur.

Foto: JL (Archiv)

Der traurige Jahrestag 27. März 2017 - 20 Jahre nach der Zechenschließung - war bestimmendes Thema beim Neujahrsempfang in der Aula (die Redaktion berichtete). Wie haben die Bergleute das Ende empfunden? Und wie tragen sie die bergmännischen Traditionen in die nächste Generation? Das erkundete Romulus Timar vom Stadtmarketing im Gespräch mit Gerhard Apmann, Franz-Josef Bücken, Detlef Stab und Matthias Schmitz.

"Es war ein Schock", gab Apmann, bis 2016 Vorsitzender der IG Ratheim-Busch-Bammich (aufgelöst) seine Empfindung bei Verkündung des Schließungsdatums wieder. Der damalige stellvertretende Betriebsratsvorsitzende Detlef Stab sprach von bewegenden Zeiten des Kampfes um die Zeche: "Sophia-Jacoba war gewachsen zur modernsten Anthrazit-Zeche Europas. Marsch nach Bonn, Untertagestreik von 800 Kumpeln - wir mussten einige Kollegen zähmen. Wut und Enttäuschung waren groß."

Gerhard Apmann war Elektriker bei Sophia. "Wir haben da unten zusammengehalten wie Pech und Schwefel." Sogar die Luft unten am Korb roch für ihn "fantastisch". Nach Zechenschließung musste er täglich 200 Kilometer bis nach Duisburg fahren. "Ich wollte nicht weg, aber ich musste 1996." In der Ratheimer Interessengemeinschaft haben die Familien gut und gerne gefeiert, fünf Feste waren es im Jahr. Aber die IG hat sich nach 63 Jahren aufgelöst, weil sich keine jüngeren Aktiven mehr fanden.

Überlebt hat hingegen die Tradition des Knappenvereins St. Barbara. Franz-Josef Bücken, Jahrgang 1939, ist seit 1980 Vorsitzender. Im April 1954 begann er als Lehrling bei Sophia-Jacoba. Die Größe und Wucht tief unten im Berg hätten ihn als Jugendlichen tief beeindruckt. Bis November 1991 hätten die Kumpel alles versucht, die Schließung zu verhindern. Die Knappen halten weiter zusammen. Beim 25-Jährigen 1982 zählten sie 105 Mitglieder, davon 99 im Kittel. "Alle haben weitergemacht bis heute."

Franz-Josef Bücken erklärte die Symbolik der Details an den schwarzen Kitteln der Knappen. 1800 in Sachsen erfunden, sei der Kittel Arbeitskleidung unter Tage gewesen, um 1900 habe sich der Festkittel entwickelt, so Bücken. "Das schwarze Tuch steht für die Dunkelheit in den Stollen, die goldenen Knöpfe stehen für die Sonne oben am Schacht. Schlägel und Eisen auf den Knöpfen sind das Werkzeug der Bergleute, mit denen sie die Wand bearbeitet haben. Die Fransen am Ärmel erinnern an den Docht für die Öllampe oder an die Kabel für Sprengungen." Der Schachthut habe Schutz im Bergwerk geboten, der Federwisch zum Reinigen der Bohrlöcher gedient. Die Hückelhovener Knappen sind bei vielen Festen und Bergparaden in ganz Deutschland dabei, fünfmal waren sie bereits in Sachsen. Ihre zentrale Feier ist die Barbarafeier in Hilfarth.

Für Matthias Schmitz (72) waren die Jahre im Bergbau (seit 1963) von Kameradschaft geprägt, die Arbeit habe trotz der Härte immer Spaß gemacht. Seit fast 17 Jahren ist er Vorsitzender der Mineralien- und Bergbaufreunde. Ihr Ziel: Jugendliche an Mineralien und Bergbau heranführen. "Wir wollen zeigen, wie die Väter und Großväter hier gearbeitet haben. Das können sie dann auch im Besucherbergwerk an Schacht 3 erleben."

Detlef Stab, Jahrgang 1941, war 42 Jahre bei der Zeche vom Lehrling bis in den Betriebsrat, dem "Gegenpol zum Vorstand". Die letzten zehn Jahre, bevor "das stolze Bergwerk" geschlossen wurde, waren für ihn die härteste Zeit: "Wenn wir die Belegschaft informierten, mussten wir in die Augen der Kumpel sehen, in denen stand: Bring' uns die eine Nachricht." Doch die Nachricht war das Aus am 27. März 1997.

(gala)
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