HÜckelhoven "Bier von hier" jetzt vom Meister gebraut

HÜckelhoven · Bier steht wieder auf der Tagesordnung. Handwerklich gebrautes in diesem Fall. Vor allem auf der Tagesordnung der Handwerkskammer für Oberfranken, dort in der Meisterschule für das Brauer- und Mälzerhandwerk.

 Willi Fell hat neben dem Korbmacher-Meister jetzt auch den Meistertitel im Brauer- und Mälzerhandwerk. In Bayreuth war er Lehrgangsbester. Das gibt dem "Hilfarther", dem "Bier von hier", einen fundierten Hintergrund.

Willi Fell hat neben dem Korbmacher-Meister jetzt auch den Meistertitel im Brauer- und Mälzerhandwerk. In Bayreuth war er Lehrgangsbester. Das gibt dem "Hilfarther", dem "Bier von hier", einen fundierten Hintergrund.

Foto: LAASER (ARCHIV)

Der Doppel-Meister hat also den echten Vergleich: "Den Korbmachermeister kann man mit dem Braumeister in den Anforderungen gar nicht vergleichen. Die Ausbildung und die Prüfungsanforderungen für die Brauer haben eine Bandbreite wie in keinem anderen Handwerk, entsprechend sind die Absolventen in vielen Branchen vor allem im Lebensmittelbereich gesucht!"

Im Februar 2016 bezog für jeweils Freitag und Samstag der jetzt 48-jährige Wilhelm Fell, verheirateter Vater zweier Schülerinnen, die im Betrieb mitarbeiten, das Internat der Handwerkskammer in Bayreuth. 25 weitere Lehrgangsteilnehmer gab's mit abgeschlossener Ausbildung als Gesellen im Brauwesen, sowie drei weitere "Quereinsteiger" wie der Hilfarther. In Bayern ist es möglich, als Meister in einem Handwerk den Meister in einem anderen zu machen ohne Lehre.

Auf der Agenda: Physik, Chemie, Biologie, Mikrobiologie, Mathematik, Schroterei, Qualitätsmanagement, Betriebskontrolle, Hygiene und Reinigung, Energieeinsatz, Umweltschutz und, und, und. 18 Hauptfächer, viele Unterfächer. "Ich habe unwahrscheinlich pauken müssen", bleibt dem Absolventen in Erinnerung, der mit Abschluss der 10. Klasse am Gymnasium Hückelhoven auf die Fachschule für das Korbmacherhandwerk wechselte und mit dem Meister Familien- und Ortstradition fortsetzt.

Sechs Lehrgangsteilnehmer haben es nicht geschafft, alle neben ihrem Hauptberuf - Wilhelm Fell hatte offensichtlich am besten gelernt: Mit einem Notenschnitt von 2,4 war er Lehrgangsbester. Obwohl er anfangs sogar skeptisch war, wie er heute lachend zurückblickt. "Ich habe die Stoffeinheiten zu Hause immer nachgearbeitet, das war wohl entscheidend für meinen Prüfungserfolg." Und bedeutete einen Quantensprung für seinen Brauprozess: "Ich kenne mein Produkt jetzt viel besser, weil ich die 1000 Möglichkeiten einschätzen und einsetzen kann, die der Prozess vom Schroten des Malzes bis zur Auslieferung in Sachen Geschmack und Qualität bietet. Meine Biere sind heute in jeder Hinsicht konstanter." Davon überzeugen sich regelmäßig die Gäste der Brauereiführungen am Hilfarther Ortsrand, wenn er anschaulich die Wandlungsprozesse der Braupflanzen bis in die einzelnen Zellstrukturen hinein erläutert.

Das ist auch Ergebnis der Prüfungen, die Fell in Bayreuth am besten bewältigte: Zwei Fachaufsätze, fünf schriftliche Prüfungen, zwei Tage praktisch-mündliche Tests. "Die hatten es in sich. In der Meindel-Brauerei im fränkischen Hof waren im laufenden Betrieb eine Reihe von Prüfstationen eingerichtet in der Wasseraufbereitung, bei Rohstoffen, im Gärkeller und in der Schankanlagentechnik", schwärmt der Absolvent. "Ich dürfte die Schankanlagen auf dem Münchener Oktoberfest in allen lebensmittelrechtlichen und technischen Hinsichten abnehmen und genehmigen", zeigt Fell ein Berufsfeld des Braumeisters auf.

Im Kursus waren mehrere Teilnehmer dabei aus großen Brauereien wie König in Duisburg und Radeberger (Sachsen), auch zwei Frauen. Die meisten waren Söhne oder Verwandte mittelständischer Brauereien aus Deutschlands Süden oder Westen. Die Braumeisterschulen in Dortmund und Berlin sind vor Jahren aufgegeben worden, so kann nur noch in Bayern und Baden-Württemberg (Ulm) der Meister gemacht werden. Weihenstephan ist Fachhochschule für Bachelor und Master - das hat den Meisterschulen einen hohen Zulauf gebracht, denn, so Wilhelm Fell, Bierbrauen ist Handwerk, hoch qualifiziertes, das Spitzenprodukte gebiert.

Bier ist im Fränkischen fest verwurzelt, so Fell: "Ein Dozent erinnerte an alte Zeiten: 'In Franken wurde früher Bier im Kindergarten ausgeschenkt!'." Jazz-Musiker Chris Barber (87) schickt bis heute seine Fans so in die Konzertpause: "Wir gehen jetzt einen Hopfen-Tee trinken, tun Sie das auch". Dass Sternekoch Rainer Hensen aus Randerath, "Burgstube", nicht nur wegen der geografischen Nähe auf die Produkte aus Hilfarth baut, ist der Qualität des Gerstensafts geschuldet, ein lokales Produkt, für das das Hilfarther Brauhaus schnörkellos wirbt: "Das Bier von hier." Um die Zukunft muss sich der Brauer also keine Sorgen machen. Im Stadtgebiet Hückelhoven gibt es derzeit darüber hinaus einen jungen Mann, der eine Brauerlehre macht. Vielleicht hat Wilhelm Fell hier schon einen Nachfolger, falls kein eigener Nachwuchs übernimmt. Denn, so sein Fazit: "Unser gut aufgestellter Braubetrieb mit Abfüll- und Reinigungsanlagen ist weiter ausbaufähig. Selbstständigkeit macht viel Arbeit, viel Spaß, man sieht den Erfolg und weiß, wie man ihn erreichen kann!"

(isp)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort