Hückelhoven "Bier von hier" sogar beim Sternekoch

Hückelhoven · Eine Brauerei-Führung exklusiv für zwölf Leser der Rheinischen Post: Wilhelm Fell gewährte Einblicke in sein Hilfarther Brauhaus. Die Bier-Interessierten nahmen eine Probe vom "Hilfarther Hell" und "Spezial". Craftbeer stark im Kommen.

 Gleich neben dem Korbhaus entsteht Hilfarther Bier. Wilhelm Fell erklärte RP-Lesern den Vorgang des Brauens. In Bayreuth will er 2017 die Meisterprüfung zum "Brauer und Mälzer" ablegen.

Gleich neben dem Korbhaus entsteht Hilfarther Bier. Wilhelm Fell erklärte RP-Lesern den Vorgang des Brauens. In Bayreuth will er 2017 die Meisterprüfung zum "Brauer und Mälzer" ablegen.

Foto: JÜRGEN LAASER

"Die Gesellschaft ist viel zu nüchtern geworden. Früher gab es in Franken Bier schon im Kindergarten!" Der da der guten alten Zeit nachtrauert, muss es wissen, schließlich ist der ungenannt bleibende Herr Dozent im Meisterkurs für "Brauer und Mälzer" bei der Handwerkskammer Oberfranken in Bayreuth. Und der, der den Dozenten zitierte, muss es auch wissen: Wilhelm Fell, Hilfarther Korbmachermeister und Besitzer des Hilfarther Brauhauses. Er absolviert derzeit den Meisterkurs in der Wagnerstadt. Und vermittelte nun den zwölf Gewinnern der RP-Telefonaktion vom 4. August Brauwissen über das elementare Wort des Dozenten hinaus.

Im freundlichen Abendsonnenschein begrüßte der Traditionshandwerker Fell - das Korbhaus im Hilfarther Südwesten besteht schon über Generationen seit 1900 - seine Gäste natürlich mit einem Krug in der Hand, eine kleine Solo-Kostprobe des hellen Kellerbiers vor der Rudel-Probe, bei der auch das kupferfarbene "Spezial" verkostet wurde.

Die glücklichen Anrufer mit jeweils einer Begleitperson, vier Damen und acht Herren, bekannten sich alle als Bierinteressenten und -liebhaber. Der gut dreistündige Aufenthalt zwischen Sud-, Gär- und Lagerkesseln hat diese Positionen noch deutlich gestärkt, das bewies am Ende auch der herzhafte Beifall für den 48-jährigen Brauer und Braudozenten Wilhelm Fell.

Nach den ersten beiden Krügen "Hilfarther Hell" und einigen Laugenbrezeln, aus eigengeflochtenem Körbchen, klärte der Hausherr über den Brauvorgang auf, der beim Wasser beginnt. Leitungswasser ist das, was das Biermalz flüssig macht. Und dessen Qualität für ein gutes Hilfarther Bräu sehr gut geeignet ist.

Leicht süßlich der Geschmack des probierten Gerstenmalzes, des leicht ausgetriebenen Korns, das über die Enzyme den Zuckergehalt des Sud- und Gärvorgangs bereitstellt, den wiederum der angehende Braumeister in den biologisch-chemischen Vorgängen bis in die einzelne Sporenzelle hinein zu erläutern wusste. Gut verständlich, mit Nachfragen der interessierten RP-Leser völlig abgerundet.

"Tun Sie die ins Bier?" "Die" waren die Eier, die der Brauer vom benachbarten Hühnerhof (Rurtal-Ei) im Gegenzug zu dem von ihm dorthin gelieferten Treber, den Getreideresten des Sudvorgangs, erhält - "nein", antwortete Fell der fragenden Dame, Hilfarther Rurtal-Eier-Bier ist nicht denkbar.

Seit mehr als 20 Jahren befasst Wilhelm Fell sich mit dem Bierbrauen, zunächst als reines Hobby, inzwischen aber so ausgesprochen professionell, dass an seine computergesteuerte Edelstahl-Anlage, an seine Fass- und Flaschen-Füll- und auch Reinigungsanlage in der Region praktisch keine andere der neuen Hausbrauanlagen heranreicht, Fell bedient diese sogar mit Bier sowie Abfüll- und Reinigungsdienstleistungen.

Und brilliert mit Marktwissen über die Macht der Braukonzerne ("Industriebiere"), die die großen regionalen Getränkehändler übernommen haben, um ihre Marken durchzudrücken, wie ein bekannter Produzent aus der Eifel. Von daher ist es für die Kleinbrauer auch nicht einfach, in die örtliche Gastronomie zu kommen, das "Hilfarther Bier, das Bier von hier" bezieht ein Sterne-Koch in Randerath (Reiner Hensen) und zwei Erkelenzer Gaststätten (Orangerie und Anton's).

Das handwerklich gebraute, lokale Bier ("Craftbeer") ist stark im Kommen. Wilhelm Fell: "Ich braue mein Bier, damit es um den Kirchturm herum getrunken wird!" Und die RP-Leserrunde war sich einig, dass dies ein schöner Trend ist, der stark und dauerhaft angelegt ist. Und dass frisches Bier, maximal drei Monate haltbar, dem anderthalbjährigen, mit chemisch-biologischen Tricks haltbar gemachten Industrie-Gebräu, vorzuziehen ist. Auch wenn der Absatz der vier Kleinbrauereien der Region noch winzig ist, Fell: "Der liegt im Promille-Bereich." Das ist in mehrfacher Hinsicht wahr.

Den Korbmachermeister erwartet Anfang 2017 in Bayreuth eine harte Prüfung: "In Mathe und Chemie muss ich noch kräftig arbeiten. Besonders hart wird der Meistersud, den jeder Teilnehmer brauen muss. Und der muss an einem Tag ausgetrunken werden. Wir sind 25 Teilnehmer...!"

Für die RP hatte Mitarbeiter Willi Spichartz die über den ganzen Abend bestens gelaunte Leser-Runde begrüßt und die Erwartung in Richtung Wilhelm Fell geäußert, dass er sein Meisterstück darin macht, seine Sud-, Gär- und Lagerkessel in echt Hilfarther Weide zu flechten. Regionale Produkte eben.

(isp)
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