Hückelhoven Geitner: Antisemitismus "bleibt böse und hässlich"

Hückelhoven · Stadt, Pax Christi und die Kirchen hatten zur nachdenklich stimmenden Veranstaltung ins Gymnasium eingeladen.

 Symbolisch brannten zwei Kerzen an Rose und Stacheldraht bei der Gedenkstunde für die Opfer des Nationalsozialismus im Gymnasium.

Symbolisch brannten zwei Kerzen an Rose und Stacheldraht bei der Gedenkstunde für die Opfer des Nationalsozialismus im Gymnasium.

Foto: JÜRGEN LAASER

Sechs Millionen ermordete Juden, Berge von Haaren und Schuhen, die tödlichen Gaskammern, Bilder von ausgemergelten Körpern der KZ-Häftlinge in Auschwitz-Birkenau: Der Jahrestag der Befreiung des Vernichtungslagers durch die Rote Armee ist seit 1996 gesetzlicher Gedenktag für die Opfer des Nationalsozialismus.

Hans-Jürgen Knubben, Sprecher der Hückelhovener Pax-Christi-Gruppe, machte deutlich, dass nur 59 Prozent der Schüler über 14 mit dem Namen Auschwitz etwas anfangen könnten. Das Konzentrationslager stehe symbolisch für den Völkermord "und für die Millionen Menschen, die durch das Nazi-Regime entrechtet, verfolgt, gequält oder ermordet wurden". Laut Knubben geht es nicht mehr nur darum, die Erinnerung wachzuhalten - auch um die "Mahnung, wach zu sein", da Ausgrenzung, Fremdenfeindlichkeit und Antisemitismus in der heutigen Gesellschaft wieder zu spüren seien. "Die Vernichtung von sechs Millionen Juden begann nicht mit dem Bau der Lagerzäune, sie wurde in den Köpfen der Menschen gezielt langsam weit vor 1939 vorbereitet." Mädchen und Jungen aus der Hauptschule, dem Gymnasium und erstmals aus der Ratheimer Realschule hatten sich an der Gedenkveranstaltung beteiligt. Eine "Wand der Vorurteile" hatten die Zehntklässler der Realschule erstellt. "Jeder Flüchtling bekommt ein Handy" und "Alle Flüchtlinge sind Analphabeten" waren als Beispiele zu lesen.

Das drastische Vorgehen der Nazis gegen Homosexuelle, Menschen mit Behinderung, psychisch Kranke, Sinti und Roma sowie jüdische Mitbürger wurde von den Mitgliedern des Arbeitskreises Schule gegen Rassismus am Hückelhovener Gymnasium eindrucksvoll dargestellt. Die Jugendlichen berichteten vom Euthanasieprogramm mit Giftspritzen, Medikamenten und einem konsequenten Nahrungsentzug. Die Folge: ein qualvoller Tod.

"Damals war es Friedrich" von Hans Peter Richter zählt zu den bekanntesten deutschen Jugendbüchern zum Thema Nationalsozialismus. Die Geschichte der befreundeten Jungen von 1961, die im gleichen Haus wohnen, wird auch an der Hauptschule im Unterricht behandelt. Mit Pfarrerin Christine Wild trugen die Hauptschüler Auszüge daraus vor. Friedrich, der Jude ist, stirbt, weil ihm der Zugang zum sicheren Luftschutzbunker bei einem furchtbaren Bombenangriff vom Blockwart verwehrt wird.

"Für das Geschehene tragen wir heute die Verantwortung", erklärte Vize-Bürgermeister Dieter Geitner. Wie auch immer sich Antisemitismus heute tarne, "er bleibt böse und hässlich, er bedarf unseres Widerspruchs". Für den musikalischen Rahmen sorgte der Doverener Chor '77.

(cb)
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