Hückelhoven/Wisley Im Hogwarts der royalen Gartenkunst

Hückelhoven/Wisley · Vom Gymnasium Hückelhoven übers Gartencenter Müller-Platz zur Goldmedaille als beste Junggärtnerin Deutschlands und an die Royal Horticulture Society: Janina Timter (27) macht im Königreich Diplom.

"Die Omas sind schuld!" Janina Timter muss nicht lange überlegen, woher ihre Liebe zur Natur, zum Draußensein rührt. Oma und Opa hatten einen Schrebergarten, mit der anderen Oma unternahm sie lange Spaziergänge, sie pflückten Feldblumensträuße, naschten von wilden Brombeeren. Ferienjobs im Erkelenzer Gartencenter Müller-Platz vertieften die Leidenschaft. Die hat die junge Hückelhovenerin zum Beruf gemacht, in dem sie 2011 eine Goldmedaille als beste Junggärtnerin Deutschlands errang. Seit zwei Jahren bildet sie sich in der Royal Horticulture Society (Königliche Gartenbaugesellschaft) in Wisley süd-westlich von London fort.

Der Beruf als Berufung

Die 27-Jährige hat das Gymnasium Hückelhoven besucht und - nach kurzem Zwischenstopp auf der Realschule - am Erkelenzer Cornelius-Burgh-Gymnasium 2009 Abi gemacht. In dem Jahr trat sie in die Deutsche Dendrologische Gesellschaft (Baumkunde) ein, die sie durch Wilfried Müller-Platz kennen gelernt hatte. Bei ihm machte sie vier Monate Praktikum im Außendienst, dann schlossen sich je vier Monate Gartenpflege im Arboretum Park Härle in Bonn und bei Terra Modellgärten in Mönchengladbach an. Janina Timter war sicher: Dieser Beruf ist ihre Berufung. Zwei Jahre Lehre absolvierte sie in der Baumschule Wilhelm Ley, Meckenheim.

Im Berufs-Wettstreit der Junggärtner - am Start 6400 junge Fachkräfte - schnappte sie sich die besten Zwei aus der Nachbarklasse für ihr Team, das auf Landesebene siegte und dann bei der Bundesgartenschau in Koblenz 2011 Gold errang. Ein Mädchen zwischen lauter Jungs. "Ja, das ist ungewöhnlich", sagt sie. 90 Prozent der Auszubildenden seien männlich, in ihrer Klasse gab es unter 30 Schülern zwei Frauen. Schließlich hat sie sich in der Männerdomäne behauptet und zwei Jahre als Garten-Landschaftsbau-Vorarbeiterin Azubis angeleitet. "Die Männer gewöhnen sich dran", sagt sie mit einem Lachen. "Man muss aber mindestens genauso hart arbeiten." So hat sie Rasen gepflegt und gedüngt, Gehölze beschnitten, Terrassen oder Einfahrten gebaut.

Unter 80 Bewerbern überzeugt

Zur Fortbildung hatte sie sich an einer Technikerschule angemeldet, da machte eine Freundin aus China sie auf den RHS-Diplomkursus aufmerksam. Der Bewerbung folgte ein Kurztrip auf die Insel, ein Interview über ihre Fähigkeiten - sie hatte unter 80 Bewerbern überzeugt, einen der zehn Plätze für Trainees (Studenten) bekommen. Nun hieß es, Wohnung in Bonn auflösen, vorbereiten auf das Leben im Vereinigten Königreich.

Janina Timter erzählt von ihrem ungewöhnlichen Berufsweg per Skype, sitzt in ihrer grün-schwarzen Arbeitshose mit Werkzeug in der Beintasche vor dem Laptop, das weizenblonde Haar fließt in Wellen über die Schultern. Schon in den ersten Sätzen klingt ein typisch britischer Tonfall heraus.

Wisley. Ein viktorianischer Fachwerk-Bau mit hohen Ziegelschornsteinen, Erkern, Bleiglasfenstern, innen schwere Eichentische, vertäfelte Wände. "Ein bisschen wie Hogwarts", sagt Janina. Hier geht's nur nicht um Zauberschüler, sondern um Gartenzauber. Tag eins war ihr Geburtstag, es gab ein Begrüßungs-Barbeque - und die Begegnung mit John. "Im Oktober 2014 waren wir zusammen, in diesem März haben wir uns verlobt", verrät die 27-Jährige. In vier Wochen wollen die beiden für ein halbes Jahr Gärten in Frankreich und Italien bereisen und dort arbeiten. Und überlegen, wohin der Weg - den der Brexit beeinflussen könnte - führt.

(RP)
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