Hückelhoven Streit zwischen den Konfessionen wegen Ostereier-Rente

Hückelhoven · Katholiken und Protestanten fochten in Hückelhoven lange einen Streit um Ostereier aus.

War es den Hühnern egal, was mit ihren Eiern geschah, wenn sie schon aus ihren Nestern geraubt waren? Zu Ostern dienten sie über Jahrhunderte einem aus Sicht der Empfänger guten Zweck, dem der "Zinseier". Eine Naturalabgabe an Grundherren oder Küster, woraus sich der Brauch der "Ostereier" entwickelt hat. Vor 250 Jahren, im Februar 1764, wurde um Ostereier, Brot und Sommergarben ein Rechtsstreit zwischen der katholischen Pfarre St. Lambertus und einigen reformierten Einwohnern von Hückelhoven entschieden, die diese Abgaben an den katholischen Küster verweigert hatten.

Seit 1752 bestand diese Verweigerung aus der seit etwa 1560 bestehenden reformierten Gemeinde Hückelhovens. Die Abgabenregelung datierte vermutlich aus dem Beginn des 17. Jahrhunderts. Die Küster Johann Lousberg und Caspar Blancken verklagten die Vorsteher der reformierten Gemeinde auf die weitere Abgabe von Eiern, Brot und Sommergarben, letztere waren Getreide-Gebinde mit Halm und Ähren, die noch gedroschen werden mussten. Die Justizbehörden in Düsseldorf urteilten, dass der Gaben-Brauch "seit undenklichen Zeiten" üblich gewesen sei und er "von einem jeden Haus sowohl römisch-katholischer als auch lutherischer und reformierter Religion entrichtet werden muss, und zwar ein zwölfpfündiges Brot samt Sommerkorn und Ostereiern". Die Beklagten mussten rückwirkend allein 95 "Küsterbrote" nachliefern. Und sie mussten die Prozesskosten tragen.

1812, das Rheinland gehörte zu Frankreich, das alle Adels- und viele Kirchenprivilegien aufgehoben hatte, verweigerten erneut mehrere Mitglieder der reformierten Gemeinde die sogenannte Küsterbrotrente (Rente im Sinn einer regelmäßigen Zahlung) mit dem Grund, dass sie als freiwillige Gabe zu betrachten sei, da sie auf keinem urkundlichen oder rechtsgültigen Titel beruhte. 1816 gab es in Hückelhoven 38 reformierte Häuser, von denen elf die Küsterabgabe verweigerten. Von dem Jahr an gaben alle Reformierten dem katholischen Küster kein Brot und kein Getreide mehr, nur über die Ostereier konnte er sich noch bis 1819 freuen. Der katholische Pfarrer Schnorrenberg erkannte 1819, dass die Abgaben an den Küster nicht mehr zeitgemäß seien und schaffte sie vollständig ab, der Küster, der auch der Lehrer war, erhielt dafür zusätzlich eine Geldrente von 20 Talern, die - nur - von den katholischen Einwohnern erhoben werden sollte. Die Bezirksregierung in Aachen aber drängte die Lambertus-Pfarre 1831 dazu, die Küsterbrotrente nicht abzuschaffen und den alten Streit vor den Erkelenzer Friedensrichter zu bringen. Der trug den Reformierten auf, die Küsterbrotrente in alter Form zu entrichten: inklusive Nachzahlungen und Prozesskosten.

Die Revision vor dem Landgericht Aachen war 1833 für die Reformierten erfolgreich. Erneut wollten der katholische Pfarrer Schnorrenberg und der Kirchenvorstand das Urteil anerkennen, erneut zwang die Bezirksregierung sie zur Weiterführung des Rechtsstreits mit neuen Zeugen. 1834 verurteilte das Landgericht Aachen schließlich die Reformierten zu der Abgabe. 1835 jedoch wurde das Verfahren ultimativ beendet: In Köln verwarf das Rheinische Appellationsgericht Köln die Küsterbrot- und Eier-Rente völlig.

Bis vor wenigen Jahren übten die Messdiener von St. Lambertus den Brauch des Eiersammelns aus und klingelten an jeder Haustür, ohne Unterschied der Konfessionen.

(isp)
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