Hückelhoven Tal der Tränen um Sophia durchschritten

Hückelhoven · Mit einer Gedenkstunde an Schacht 3 erinnerten Ex-Bergleute an die Schließung ihrer Zeche 1997. Mit Weggefährten aus dem Ringen um den möglichst langen Erhalt der Arbeitsplätze wurde stolz auf die Bewahrung der Tradition geblickt.

 Im Barbarastollen neben Schacht 3 gedachten die ehemaligen Bergleute und Wegbegleiter des Kampfes um Sophia-Jacoba der Zechenschließung vor genau 20 Jahren. Bürgermeister Bernd Jansen lobte, was am Besucherbergwerk alles geleistet wurde.

Im Barbarastollen neben Schacht 3 gedachten die ehemaligen Bergleute und Wegbegleiter des Kampfes um Sophia-Jacoba der Zechenschließung vor genau 20 Jahren. Bürgermeister Bernd Jansen lobte, was am Besucherbergwerk alles geleistet wurde.

Foto: JÜRGEN LAASER

Vor 20 Jahren am 27. März an Schacht IV: heftig wallende Emotionen und Tränen in Gesichtern der Kumpel, als die letzte Lore von Sophia-Jacoba ins Blitzlichtgewitter rollt. Im Barbarastollen - der wurde vor zehn Jahren mit Norbert Blüm als prominentem Gast eingeweiht - nun beim Erinnern an diesen schwarzen Tag ein munteres Stimmengewirr. Der Schachtchor singt "Seid froh und wohlgemut", und das sind sie auch, die Kumpel vom Förderverein Schacht 3. Denn sie sind damals erhobenen Hauptes aus der letzten Schicht gegangen, und inzwischen haben sie ein Besucherbergwerk aufgebaut, das jährlich bis zu 3000 Erwachsene und 500 Kinder bewundern. Und aus ihrer Stadt wurde kein Jammertal der Arbeitslosen, Hückelhoven erblühte zur Einkaufsstadt mit Ansiedlung namhafter Unternehmen.

Keine gedrückte Stimmung bei Peter te Marfelde, der das Grubengebäude bis zur endgültigen Stilllegung im Juni 1997 mit "ausrauben" musste. "Wir sind drüber", sagt er, um gleich darauf zu versichern: "Aber wenn die Zeche heute wieder aufmachen würde, wäre ich sofort dabei!" Er hat damals den Beton in den Schacht laufen sehen, seine im Spind vergessene Werkzeugtasche wird für immer tief unter der Erde bleiben. "Als wir nach der letzten Schicht ausgefahren sind, haben wir oben plötzlich in den blauen Himmel geblickt", erinnert er sich. "Die Schachthalle war schon abgerissen. Das hat weh getan."

Detlef Stab, einst stellvertretender Betriebsratvorsitzender, nun Vorsitzender des Fördervereins Schacht 3, dankte allen, die den Kumpeln in der Krise vor der Schließung beistanden. Sophia-Jacoba war nicht zu retten, aber: "Auch wenn wir letztlich verloren haben, hatten wir 83 Monate gewonnen zur Abwicklung." Frauen, KAB, Kirchen, Gewerkschaft, Betriebsrat, Unternehmen hatten gemeinsam in Gesprächen und Aktionen viel bewegt. Von der Arbeit mit Grubenpferd und Spitzhacke zur modernsten Kohlen-Rundwäsche Europas, vom Untertage-Kampf zum stolzen Besucherbergwerk - die bewegte Zeit führte ein Bildervortrag von Gerd Apmann vor Augen. Der Schachtchor sang bekannte Bergmannslieder.

"Wir haben unserer Stadt neues Leben eingehaucht", betonte Bürgermeister Bernd Jansen. Mit dem Sterben von Sophia-Jacoba sei die Region nicht gestorben - Verdienst aller. "Jetzt geht es darum, das Fördergerüst von Schacht 3 umfassend zu sanieren", blickte er in die Zukunft. Jutta Schwinkendorf (Fraueninitiative, die bei Schließungsgerüchten als erste die Initiative zum Kämpfen ergriff) erinnerte an das Lied "Keiner schiebt uns ab!". Hückelhoven habe sich gut entwickelt, sagte sie, weil alle zusammenstanden. Sie dankte dem Schachtverein für "die Wahnsinnsleistung" zur Bewahrung bergmännischer Tradition. Der evangelische Pfarrer Wolfgang Döring, der damals seine Hand für das Protestplakat "Hände weg von Sophia-Jacoba" herhielt, zeigte Erinnerungsstücke: den in Ehren aufbewahrten Hauerbrief seines Vaters Fritz vom 13. 9. 1957, seine letzte zerbeulte Kaffeepulle. "Ihr seid erhobenen Hauptes vom Platz gegangen", versicherte er den Kumpeln. Bernd Wolters (KAB), Verbindungsmann zur Kirche, erzählte vom Kreuzweg der Arbeit 1989, der ersten großen Protestaktion. Gottesdienste über und unter Tage hätten den Zusammenhalt gefestigt.

(gala)
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