Hückelhoven Um 19.05 Uhr zwei Bomben entschärft

Hückelhoven · Hückelhoven wegen zwei Fliegerbomben an der Hilfarther Straße in Aufruhr: Rund 3000 Menschen mussten ihre Wohnungen verlassen. Mehr als 200 Helfer führten die Evakuierung durch. Aufatmen nach der Entschärfung.

Fliegerbomben in Hückelhoven entschärft
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Fliegerbomben in Hückelhoven entschärft

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Aus der routinemäßigen Untersuchung eines Baugrundstücks vor der Rurbrücke entwickelte sich am Dienstag ein Großeinsatz für Ordnungsamt, Polizei und Rettungsdienst. Zwei schwere Blindgänger aus dem Zweiten Weltkrieg entdeckte der Kampfmittelräumdienst an der Hilfarther Straße. Vor der Entschärfung wurden ab 15 Uhr fast 3000 Menschen aus rund tausend Haushalten evakuiert und zu drei Sammelstellen in Sicherheit gebracht. Die wichtige Verkehrsader in die Innenstadt und zur Autobahn war voll gesperrt.

Seit Montag wurde die Baulücke neben dem Bestatter nach Auskunft von Stadtsprecher Holger Loogen für die Aufstellung eines Bebauungsplans untersucht - hier sollen Wohnhäuser entstehen. Metalldetektoren zeigten kleinere Schrottstücke an und schließlich die beiden Fliegerbomben. "Auf Luftbildern von damals haben wir die Zehn-Zentner-Bombe erkannt", berichtet Fritz Pütz vom Kampfmittelräumdienst an der Fundstelle.

 Mit Kindern und Haustieren fanden sich Familien in der Mehrzweckhalle Dr.-Ruben-Straße ein. Schul- und Vereinssport entfiel wegen des Notfalls.

Mit Kindern und Haustieren fanden sich Familien in der Mehrzweckhalle Dr.-Ruben-Straße ein. Schul- und Vereinssport entfiel wegen des Notfalls.

Foto: Laaser, Jürgen (jl)

Der Blindgänger mit einem Durchmesser von 44 Zentimetern enthält 250 Kilo TNT, deshalb muss weiträumig in 500 Meter Umkreis evakuiert werden. Wenige Schritte entfernt liegt in 1,50 Metern Tiefe die englische Fünf-Zentner-Bombe. Mit seinem Kollegen Holger Jacobi will Pütz die Zünder fernentschärfen und mechanisch rausdrehen. "Bei einer Explosion sind massive Gebäudeschäden zu erwarten", sagt Pütz. "Aber davon gehen wir nicht aus."

An der Feuerwache ist die Leitstelle, dort koordiniert Ordnungsamtsleiterin Andrea Krebs den Einsatz. Mittags werden drei Sammelpunkte für die Evakuierung gesperrt: die Mehrzweckhalle an der Aula sowie in Hilfarth die Turnhalle der Grundschule und die Aula Fichtenstraße. Zur Unterstützung rückt eine Hundertschaft der Polizei an. Busse werden für den Transport von Menschen eingesetzt, für Gehbehinderte auch Krankentransportwagen.

 Rot-Kreuz-Helfer hatten an der Aula ihre Feldküche aufgebaut und verteilten Suppe an die Evakuierten. Um 19.05 Uhr erreichte den Krisenstab im Rathaus die erlösende Nachricht: alles gut, beide Bomben entschärft. Sie wurden zum Abtransport sicher verzurrt.

Rot-Kreuz-Helfer hatten an der Aula ihre Feldküche aufgebaut und verteilten Suppe an die Evakuierten. Um 19.05 Uhr erreichte den Krisenstab im Rathaus die erlösende Nachricht: alles gut, beide Bomben entschärft. Sie wurden zum Abtransport sicher verzurrt.

Foto: JÜRGEN LAASER

Bürgermeister Bernd Jansen informiert sich vor Ort. "Die ersten Lautsprecherdurchsagen, die Aufregung der Anwohner - das war schon bedrückend", sagt er. Aber der Einsatz läuft gut, 150 Helfer sind unterwegs, ab 16 Uhr noch einmal 40, darunter zahlreiche Verwaltungsmitarbeiter. Sie gehen von Tür zu Tür, klingeln, schicken Bewohner zu den Absperrungen, rund 40 Polizisten regeln den Verkehr. Bei der Polizeileitstelle indessen bricht der Notruf unter einem Ansturm besorgter Anrufer zusammen. Flugs wird im Rathaus eine Hotline eingerichtet, in Büro und Vorzimmer des Bürgermeisters wird eifrig telefoniert.

In der Sicherheitszone liegen eine Moschee, Friseur, Sonnenstudio, Gaststätte Sodekamp und das Kino. Die Hilfarther Straße ist gespenstisch leer, auf den Bürgersteigen ziehen Grüppchen von Anwohnern in die Innenstadt. Vor der Aula treffen als erste zwei Schwestern (71 und 75 Jahre) ein, die mit dem eigenen Auto gekommen sind. Die Ältere sorgt sich um eine Nachbarin im fünften Stock - der Aufzug in dem Hochhaus an der Rheinstraße sei kaputt.

Nach und nach stoßen Mütter mit Kinderwagen, Rentner mit Hund, eine junge Frau mit Katzenkorb und viele ausländische Familien dazu. In der Halle sind Tische mit 50 Stühlen vorbereitet, doch rasch müssen weitere Reihen aufgebaut werden. Einige genießen die Nachmittagssonne auf der Wiese oder besuchen das nahe Eiscafé.

Das Deutsche Rote Kreuz baut seine Feldküche auf. DRK-Helfer verteilen Kaffee, Kaltgetränke und heiße Suppe. Die Evakuierten tauschen aufgeregt Informationen aus. Ein älterer Mann murmelt: "So fängt der Krieg an. Wir müssen in die Keller." Für verwirrte Menschen ist es besonders arg, so aus dem Alltag gerissen zu werden.

An Schacht 3 haben Rettungs- und Feuerwehrfahrzeuge Aufstellung genommen. Glücklicher Ausgang am Abend. Pütz und Jacobi haben einen guten Job gemacht. "Die Bomben sind entschärft", kann Bürgermeister Bernd Jansen, mittlerweile im Bauausschuss sitzend, kurz nach 19 Uhr im Ratssaal erleichtert verkünden.

(RP)
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