Hückelhoven Vor 225 Jahren: Haagstraße in Flammen

Hückelhoven · 1790 wurde die Hückelhovener Haagstraße neu bebaut. Kurz zuvor hatte ein Brand in der Nacht zum Ostersonntag neun Bauernhäuser zerstört, nur die Evangelische Kirche blieb verschont. Die Neubauten entstanden als Vierkanthöfe.

Wenn Straßen erzählen könnten. Ein bisschen können sie das in Form von Baustilen und Jahreszahlen als sogenannte Maueranker in den Außenwänden. Über die Haagstraße in Alt-Hückelhoven, die vor 225 Jahren neu bebaut wurde, hat der Lokalhistoriker Johannes Heinrich Terboven vor Jahrzehnten ermittelt, dass die Häuser der Haagstraße im gleichen Jahr, 1790, auch abgebrannt sind.

Neun Häuser wurden ein Raub der Flammen in der Nacht zum Ostersonntag, 3. April 1790, ab 22 Uhr. Die Ursache des Feuers wurde nicht genau ermittelt - Terboven fand aber heraus, dass der Ursprung in den Häusern des Henricus Gillessen (heute Kaufhaus Waldhausen) und dessen Nachbarn und Verwandten Spichartz/Croon (Ex-Gaststätte) zu suchen ist.

Dass gleich ganze Straßenzüge ausbrannten, war durchaus keine Seltenheit bis weit ins 18. Jahrhundert hinein, denn an Maas, Rur und Rhein waren Fachwerkhäuser aus Holzständerwerk mit Weiden-Ast-Lehmgeflecht und Strohdach der bei weitem vorherrschende Gebäudestil. Innen wiesen die Häuser ebenfalls (gekälkte) Lehmwände auf, zu Heizung und Speisengarung war eine offene Feuerstelle eingerichtet, die auch über Nacht zumeist nicht vollständig gelöscht wurde, so dass sie am Morgen wieder einfach entfacht werden konnte. Und oft durch Sturm in der Nacht durch den Schornstein vorzeitig entfacht wurde.

Terboven schreibt, dass die neun Häuser mit Stallungen und Scheunen abgebrannt sind, was also bedeutet, dass alle Eigentümer Landwirtschaft betrieben, teils als zweites Standbein. Bekannt ist, dass Spichartz/Croon (seit mindestens 1763) eine Gastwirtschaft sowie Tuch- und Lederhandel betrieben, das Nachbarhaus Blancke, es wird derzeit restauriert, ebenfalls Tuchhandel.

Für die Nutzung als Landwirtschaft spricht die Ausstattung der Neubauten, die als sogenannte "Fränkische Vierkanthöfe" im "Maasländischen Stil", so die Auskunft von Hückelhovens früherem Technischen Beigeordneten Dr. Henning Herzberg, neu errichtet worden sind. Heißt, dass ein an allen vier Seiten geschlossener Hof entstanden ist, der zur Straße hin Wohn- und Geschäftsräume aufweist, an den Hofseiten unten Ställe mit Heuschobern im Obergeschoss, und am Hofende die große Scheune als Querriegel. Diese geschlossene Bauweise bot Kälteschutz, hielt natürlich auch Räuber fern.

Vier Häuser dieses Ensembles im Schatten des Turms der evangelischen Kirche stehen heute noch, wobei das Pfarrhaus der evangelischen Kirchengemeinde gegenüber dem Sakralgebäude erst 1791 fertig wurde. Dafür waren finanzielle Gründe ausschlaggebend, denn Pastor Johann Christoph Vielhauer musste erst bei Glaubensbrüdern im Bergischen Land Geld für den Bau sammeln.

Im Übrigen war die Haagstraße "die evangelische Straße" in Alt-Hückelhoven. Praktisch alle Anwohner, wie auch des Markts, gehörten bis 20. Jahrhundert hinein zur calvinistischen Gemeinde, die fast ein Drittel der Einwohner stellte.

(isp)
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