Hückeswagen 750 000-Euro-Investition in "Lebendige Inklusion"

Hückeswagen · Die Hofgemeinschaft Niederlangenberg ist ein Pilotprojekt für das Zusammenleben von Menschen mit und ohne Betreuungsbedarf. Nun soll für sieben ambulante Plätze die Scheune umgebaut werden.

 Ingo Müllers-Steins mit Bewohnerin Daniela Brunk und Hund Fryer vor der Scheune, die für eine Dreiviertelmillion umgebaut werden soll.

Ingo Müllers-Steins mit Bewohnerin Daniela Brunk und Hund Fryer vor der Scheune, die für eine Dreiviertelmillion umgebaut werden soll.

Foto: N. Hertgen

Der Anlass war symbolträchtig: Der 5. Mai ist der europäische Tag zur Gleichstellung von Menschen mit Behinderung, der 1992 von den Interessenvertretungen "Selbstbestimmt Leben Deutschland" (ISL) ins Leben gerufen worden war. Und am Dienstagabend berichtete der Verein "Lebendige Inklusion" den Mitgliedern des Sozialausschusses von dem Leben und der Arbeit auf dem Hof in Niederlangenberg.

Der Vereinsvorsitzende Ingo Müllers-Steins kündigte dabei große Investitionen auf dem Hof an. "Wir planen den Umbau der großen Scheune mit 370 Quadratmeter Wohnfläche, damit zukünftig sieben Menschen mit und sieben ohne Behinderung auf dem Hof leben können", sagte der Landwirt, Diakon und Sozialpädagoge. Etwa 750 000 Euro werden dafür benötigt. Die NRW-Bank gewährt möglicherweise einen Kredit über 500 000 Euro für den sozialen Wohnungsbau, den Rest muss der Verein selber stemmen. Dabei hofft der Vorstand unter anderem auf Unterstützung seitens der Aktion Mensch. "Die Voraussetzungen sind denkbar gut, wir erfüllen alle Fördervoraussetzungen", zeigte sich Müllers-Steins im Ausschuss optimistisch. Einen "Plan B" gibt es nicht. "Dann müssen wir mit Esel und Schafen in die Stadt kommen", kündigte der Vorsitzende scherzhaft an.

Die Hofgemeinschaft Niederlangenberg ist ein Pilotprojekt für das Zusammenleben von Menschen ohne Hilfsbedarf und Menschen mit geistigen Behinderungen. Die Idee ist nicht neu, derzeitist es jedoch das einzige Wohnprojekt dieser Größe im Rheinland. Der Verein hat 30 Mitglieder, die das Projekt eigenverantwortlich betreuen.

Seine Anfänge nahm das Wohnprojekt 2006 in Kierspe-Rönsahl mit einem kleinen Wohnheim. Im August 2013 erwarben zwei Gründungsmitglieder privat den Bauernhof der Familie Feckinghaus in Niederlangenberg. "Ziel ist es, die Wohnsituation für geistig Behinderte zu verbessern und so familienähnlich, selbstständig und sozial wie möglich zu wohnen", erläuterte Müllers-Steins. In Eigenleistung wurde das Haus renoviert, in dem derzeit zwei Bewohner mit Betreuungsbedarf leben. Auch Arbeitsmöglichkeiten bietet der Hof im Bereich Gartenbau, Tierpflege und Landwirtschaft. Das sei besonders interessant für geistig behinderte Menschen, die nicht fähig sind, in einer Werkstatt der Lebenshilfe zu arbeiten. Der Bürgermeister hatte bei seinem Besuch der Einrichtung im Herbst vorigen Jahres ideelle, nicht jedoch finanzielle Unterstützung seitens der Stadt angekündigt.

Für Ingo Müllers-Steins, seine Ehefrau Beate und die fünf Mitbewohner ist die gelebte Inklusion ohne Klinik- oder Heimcharakter ein persönlicher Traum, der sich unweit der Bever-Talsperre nun zu erfüllen scheint. "Im täglichen Zusammenleben streben wir nach einem wirklichen Miteinander in Gleichwertigkeit und Gleichberechtigung, in Kontakt mit der Natur und den Tieren", heißt es im Flyer des Vereins. Interessierte sind eingeladen, nach Voranmeldung unter Tel. 9359099 den Hof sonntagnachmittags zu besuchen.

Zudem plant die Hofgemeinschaft für Samstag, 20. Juni, ein Sommerfest, um sich der Öffentlichkeit zu präsentieren. Engagieren möchten sich die Vereinsmitglieder zukünftig auch beim Verein "Mittendrin", der sich für die Belange behinderter Menschen in Hückeswagen einsetzt.

(heka)
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