Serie Ross Und Reiter Alskaer ist ein bergischer Island-Gigolo

Hückeswagen · Auf dem 1999 gegründeten Islandpferdehof Lindscheid werden reinrassige Islandpferde für den Verkauf gezüchtet und ausgebildet. Deckhengst Alskaer von Haselrode hat bereits mehr als 60 Nachkommen seinen Naturtölt vererbt.

 Pferdewirtin Sandra Heiliger mit der Zuchtstute Kolfaxa am

Pferdewirtin Sandra Heiliger mit der Zuchtstute Kolfaxa am

Foto: Moll Jürgen

Wermelskirchen Sein muskulöser, brauner Körper schimmert im Sonnenlicht. Er ist 19 Jahre alt. Seine Mähne: lang und dicht. Keck trägt Alskaer die Haarpracht bis über die Augen. Selbstbewusst behauptet er seinen Platz, zieht seine Runden an den Stuten vorbei im lockeren Tölt.

Im lockeren Tölt? Ja, denn der Gigolo, von dem hier die Rede ist, ist kein Mensch, sondern der Deckhengst des Islandpferdehofs Lindscheid. 1999 gegründet, hat sich der Wermelskirchener Pferdehof unter anderem auf die Zucht von reinrassigen Islandpferden spezialisiert. Und Alskaer von Haselrode ist unter ihnen ein Prachtexemplar. Er hat in den vergangenen Jahren bereits duzende Stuten gedeckt. Mehr als 60 Fohlen gehören zu seinen Nachkommen. "Wir holen uns auch mal Hengste von außerhalb, um frisches Blut in die Herde zu bringen", sagt Pferdewirtin und Trainerin Sandra Heiliger (27). "Doch Alskaer ist und bleibt einfach der Beste."

Bei Islandpferden sind nämlich besondere Merkmale entscheidend: Eine lange, dichte Mähne sollen sie haben, ebenso einen freundlichen, aber entschlossenen Charakter. Vor allem aber sollen sie leichttrittig sein und in jeder Geschwindigkeit einen taktklaren Tölt laufen. Dies ist eine für Islandpferde typische vererbbare Spezialgangart, die im Gegensatz zu Trab und Galopp keine Schwebephase hat und so für den Reiter besonders angenehm ist. "Der Reiter sitzt fast erschütterungslos auf einem locker schwingenden Rücken", sagt Heiliger.

Auch die Statur der Pferde ist ein wichtiges Kriterium. Ursprünglich als Ponytyp mit kompakter, robuster Körperform mit kurzen Beinen und kräftigem Hals ausgestattet, geht der Trend derzeit dahin, den Tieren durch Zucht eine elegantere und langlinigere Statur zu verleihen. "Wir bevorzugen allerdings ein Mittelding aus kompakter und eleganter Form", sagt Heiliger. "Die Tiere sollen schon ihre ursprünglichen Merkmale behalten." In Island selbst wird darauf übrigens so stark geachtet, dass die Einfuhr von Pferden generell verboten ist. "Hat ein Pferd, das in Island geboren wurde, einmal die Insel verlassen, darf es auch nie wieder in die Heimat zurück", erzählt die Pferdewirtin. Ganz so streng geht es auf dem Hof in Wermelskirchen nicht zu: Hier sind neben den eigenen Islandpferden auch mehr als 70 Pensionspferde verschiedener Rassen eingestallt. Ihnen zur Verfügung stehen rund 40 Hektar Weideland, großzügige Offenställe, die Gruppenhaltung ermöglichen, dazu neun Innen- und zwei Außenboxen sowie mehrere Einzelpaddocks. Für die Reiter gibt es eine Reithalle, eine 200 Meter lange Ovalbahn, ein Außenplatz sowie ein Round-Pen zum Longieren.

"Gezüchtet wird aber nur mit reinrassigen Islandpferden", betont Heiliger. Und zwar noch auf althergebrachte Art. Von Besamungsstationen und Befruchtung mit Tiefgefriersperma will der Islandpferdehof nichts wissen. "Sollen Stuten gedeckt werden, kommt Alskaer mit ihnen für rund drei Monate auf die Wiese", sagt Heiliger. "Wir lassen den Tieren Zeit, sich anzunähern - bei Menschen dauert dies ja auch eine Weile." Der Zuchterfolg jedenfalls spricht für die Methode: Im Schnitt drei bis sechs Fohlen hat Alskaer bislang jährlich gezeugt.

Ausnahme: 2016. In diesem Jahr kam nur ein Fohlen zur Welt. Das aber liege nicht an Alskaers Potenz, bemerkt Heiliger lachend. "Viel eher haben wir die Zucht reduziert, da wir mit dem Anreiten der Jungpferde nicht mehr hinterherkommen." Das Anreiten ist die "Grundausbildung" der Pferde, die meist in einem Alter von fünf Jahren beginnt. Davor genießen die Rosse ihre Kindheit frei auf dem Weideland und entwickelnd in der Gruppe ihr Sozialverhalten. "Beim Anreiten geht es darum, als Mensch das Vertrauen der Tiere zu gewinnen, damit sie einem folgen, gehorsam sind und den Menschen als Leittier akzeptieren", erklärt die Pferdewirtin. Ebenso an Halfter, Sattel und schließlich an Reiter werden die Tiere gewöhnt.

Erst nach dem Anreiten werden die Nachkommen verkauft. Etwa ein Viertel der Jungpferde bleibt am Hof, drei Viertel kommen zu neuen Besitzern. Heiliger: "Eine Trennung, die ich mit einem lachenden und einem weinenden Auge erlebe. Einerseits freut man sich, dass die Tiere einen guten Besitzer finden, andererseits ist man natürlich traurig, ein Tier wegzugeben, um das man sich so intensiv gekümmert hat."

Entsprechend wichtig ist dem Pferdehof, dass die potenziellen Käufer sich Zeit für die Auswahl nehmen. "Die Käufer können sich ihr Wunschpferd drei Monate lang auf dem Hof anschauen und erst einmal richtig kennenlernen", sagt die Pferdewirtin. "Es hilft niemandem, wenn ein Halter nach zwei Monaten das Pferd zurückbringt, weil es zwischen ihnen nicht passt."

Bis zur nächsten Zuchtphase darf Alskaer übrigens mit seiner "großen Liebe" Svipa im Stall bleiben. Laut Heiliger sind die beiden seit vier Jahren das Traumpaar des Hofes.

(beaw)
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