Hückeswagen Awo diskutiert im Kita-Streit mit Gewerkschaft über Gehaltsverzicht

Hückeswagen · Ein zunächst zeitlich begrenzter und freiwilliger Verzicht auf Gehaltserhöhungen könnte ein Kompromiss sein auf dem Weg, die Arbeiterwohlfahrt (Awo) Rhein-Oberberg aus der finanziellen Schieflage zu holen. Diese Lösung zeichnet sich zumindest nach der Betriebsversammlung in der vorigen Woche in Engelskirchen als denkbar ab.

Hintergrund für die Ankündigung der Awo, einen Teil ihrer Kindertagesstätten und/oder offenen Ganztagsschulen abstoßen zu müssen, sind die Tarifabschlüsse im kommunalen Sozial- und Erziehungsdienst (die BM berichtete). Die von der Gewerkschaft Verdi erstrittenen deutlichen Gehaltssteigerungen für die Erzieher bringen den Träger in arge finanzielle Bedrängnis. Konkret geht es um einen jährlichen Betrag von etwa 870.000 Euro - diese Mehrkosten müsste die Awo für 579 Beschäftigte aufbringen.

Entsprechend hoch her ging es zwischenzeitlich bei der mit gut 500 Teilnehmern besuchten Versammlung, darunter auch Mitarbeiter aus den beiden Hückeswagener Familienzentren der Awo. "Bei manchen sind die Emotionen hochgekocht", berichtet eine Teilnehmerin. Die Betriebsversammlung fand hinter verschlossenen Türen statt.

Im Nachgang der Versammlung habe Verdi die Awo-Geschäftsführerin Martina Gilles zu Sondierungsgesprächen eingeladen, sagt Gewerkschaftssekretär Arno Appelhoff, der ebenfalls an der Versammlung teilgenommen hat. Martina Gilles hat die Einladung auch schon angenommen, wie sie bestätigt. Appelhoff: "Bislang hatten wir nur mit dem Rechtsanwalt der Geschäftsführung zu tun, aber wir wünschen den direkten Kontakt." Seitens Verdi gehe man offen in dieses Gespräch.

Fest steht, dass sich Verdi keinesfalls auf den bisherigen Vorschlag einlassen wird, gemäß dem die Mitarbeiter unterschreiben sollen, auf sämtliche ihnen zustehenden Tariferhöhungen dauerhaft zu verzichten. Die Awo will demnach künftig selbst entscheiden, ob sie solche Erhöhungen zahlt oder nicht. Appelhoff: "Wir können uns allerdings vorstellen, dass sich die Mitarbeiter über einen begrenzten Zeitraum auf einen Verzicht einlassen und zeitweise Einbußen in Kauf nehmen."

Martina Gilles kann sich das ebenso vorstellen. "Eine Mitarbeiterin, die länger als 25 Jahre bei der Awo beschäftigt ist, ist bei der Versammlung aufgestanden und hat vorgeschlagen, dass alle für drei Jahre auf jede Erhöhung verzichten sollen", berichtet sie. "Das fand ich sehr solidarisch. Wir lassen das jetzt juristisch prüfen und durchrechnen." Sie habe dem Oberbergischen Kreis bereits signalisiert, dass dadurch vielleicht doch noch einmal Bewegung in die Situation kommt. Auch die Leiter der beiden Hückeswagener Kindergärten, Birgit Humpert und Bernd Block, hatten in der vorigen Woche im Gespräch mit unserer Redaktion betont, dass bei den Mitarbeitern durchaus die Bereitschaft auf einen Gehaltsverzicht erkennbar ist.

Bevor sich Verdi auf irgendetwas einlasse, betont Appelhoff, wolle man aber erst mal "belastbare Zahlen" sehen. Die Awo spricht von 870.000 Euro jährlich, die sie zahlen müsste, aber nicht zahlen kann.

Die Betriebsratsvorsitzende Petra Blenkers beschreibt die Versammlung als "so kontrovers und emotional wie erwartet". Sie habe eine Solidarität der Mitarbeiter zur Awo gespürt, aber nicht zum jetzigen Kurs der Geschäftsführung. Es habe auch Unmut gegenüber dem Betriebsrat gegeben. "Man hat uns Untätigkeit vorgeworfen. Aber uns sind rechtlich die Hände gebunden. Wir werden trotzdem keinen Mitarbeiter alleine lassen", versicherte sie. Der Betriebsrat habe die Geschäftsleitung inzwischen aufgefordert, in die Gespräche mit Verdi einzusteigen.

(RP)
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