Hückeswagen Bierdeckel gegen Fremdenfeindlichkeit

Hückeswagen · Vorurteile gegenüber Ausländern stehen jetzt auf Bierdeckeln der Gastronomiebetriebe. Das ist keine Provokation. Die "Faktensetzer" sollen die Aussagen entkräften und zur Diskussion anregen. Das war eine Idee der Jugend des THW.

 Faktencheck zur Flüchtlingslage (v.l.): Stefan Pier, Deike Schütte, Anna Pier und Bürgermeister Dietmar Persian mit den Bierdeckeln, die ab sofort in zwölf Gaststätten in Hückeswagen unterm Glas liegen.

Faktencheck zur Flüchtlingslage (v.l.): Stefan Pier, Deike Schütte, Anna Pier und Bürgermeister Dietmar Persian mit den Bierdeckeln, die ab sofort in zwölf Gaststätten in Hückeswagen unterm Glas liegen.

Foto: jürgen moll

Beim nächsten Gaststättenbesuch könnte die Frage aufkommen: "Was steht denn eigentlich unter deinem Bier?" Grund sind die neuen Bierdeckel, die ab dieser Woche in den Hückeswagener Kneipen verwendet werden. Auf den Untersetzern sind typische Stammtisch-Parolen aufgedruckt, die gegenüber ausländischen Mitbürgern geäußert werden. "Die nehmen uns die Arbeitsplätze weg!" oder "Denen kann es ja nicht so schlecht gehen, die haben ja alle Smartphones!" lauten zwei von fünf Sprüchen.

Dreht man die Bierdeckel um, so sind auf der Rückseite Fakten zu lesen, die diese Aussagen entkräften. Faktensetzer heißen die Bierdeckel, die die THW-Jugend auf Landesebene im Rahmen der Vernetzungsaktivitäten im Bundesprogramm "Zusammenhalt durch Teilhabe" entwickelt hat. "Wir fanden die Idee so gut, dass wir gleich 1000 Stück bestellt haben", sagten Stefan und Anna Pier vom THW-Ortsverband bei der Vorstellung im Büro des Bürgermeisters. Das Hückeswagener THW hat schon erfolgreich bewiesen, dass sich Flüchtlinge problemlos in die Verbandsarbeit integrieren lassen.

Begeistert von den Faktensetzern sind auch Deike Schütte und Margareta Coenen vom Flüchtlingsnetzwerk. "Die Faktensetzer passen sehr gut in unsere Arbeit. Wir haben sie schon bei unserem Sommerfest eingesetzt", sagte Deike Schütte. Nun hat das Flüchtlingsnetzwerk 6000 Faktensetzer nachbestellt, um sie an die Hückeswagener Wirte zu verteilen. "Wir sind durch die Gastronomiebetriebe der Stadt getingelt und haben nachgefragt, wer bei der Aktion mitmacht", sagte Schütte. Zwölf von 14 Gastronomen stimmten zu. "Wir mussten dazu keine Überzeugungsarbeit leisten", sagte die Netzwerkerinnen. Überhaupt sei Hückeswagen beim Thema Flüchtlinge gut aufgestellt. "Es gibt kaum Gegenwind", berichtete Schütte.

Auch Bürgermeister Dieter Persian begrüßt die Idee. Die Sprüche seien die stillen, heimlichen Vorurteile, die schnell gesagt sind. "Die Faktensetzer sind eine tolle Aktion, um den Hintergrund zu sehen und ins Nachdenken zu kommen", sagte er. Das THW zeige damit, dass es ein Herz für Menschen hat, die aus anderen Ländern nach Deutschland gekommen sind.

Zur Frage, warum die Flüchtlinge Smartphones haben, heißt es auf der Rückseite der Faktensetzer: "Weltweit ist das Smartphone das meistgenutzte Mobilfunkgerät und gehört zum Alltag vieler Menschen. Auf der langen und oftmals gefährlichen Flucht ist das Smartphone die einzige Möglichkeit, in Kontakt mit Familie und Freunden zu bleiben sowie die Route und den Standort via GPS zu ermitteln. Das Handy fungiert als 'Antenne' nach draußen und hilft den Menschen auch bei der Verständigung im neuen Land. Und du? Könntest du auf dein Smartphone verzichten?" Diese Frage sollte dann doch jeder mal für sich beantworten.

Die abschließende Frage soll zur Diskussion anregen. Oder wo ließe sich besser diskutieren, als beim Stammtisch mit Freunde in seiner Lieblingskneipe? Findet jedenfalls die THW-Jugend.

Deike Schütte regt die Hückeswagener daher dazu an, beim nächsten Gaststättenbesuch auch einmal unter ihre Gläser zu schauen.

(heka)
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