Hückeswagen/Oberberg Der Landrat, ein unbekanntes Wesen

Hückeswagen/Oberberg · Am Sonntag sind die Menschen in Oberberg aufgerufen, den neuen Landrat zu wählen. Das Problem: Viele wissen gar nicht, welche Aufgaben der Landrat hat. Tatsächlich sind es viele - und wichtige.

Fast jede(r) kann Landrat werden - theoretisch. Es gibt nur wenige Einschränkungen in Nordrhein-Westfallen: 23 Jahre alt muss er oder sie schon sein. Und Deutsche(r) oder in Deutschland lebender EU-Bürger.

Aber was ist mit zwingend vorgeschriebenen beruflichen Qualifikationen und Fähigkeiten? Fehlanzeige im spärlichen Anforderungskatalog der Kommunalverfassung! Damit gilt für den Landrat, was auch auf den Bürgermeister zutrifft: Nach den gesetzlichen Vorgaben muss er gar nichts können. In der Praxis wäre das allerdings schlecht: So wie der Bürgermeister Chef der Stadt- oder Gemeindeverwaltung ist und damit höchster Wahlbeamter am Ort, ist der Landrat (in NRW seit 1999) Chef der Kreisverwaltung - und damit oberster Kommunalbeamter. Zugleich ist er quasi "in persona" unterste staatliche Verwaltungsbehörde.

Bis 1999 sah das anders aus: Der Landrat war im Ehrenamt tätig, der wirkliche Chef im Kreishaus war der Oberkreisdirektor. Dann fiel landesweit die "Doppelspitze". Mit der Folge, dass der Landrat seitdem nicht mehr oberster "Grüßonkel" im Landkreis ist, also ausschließlich zuständig fürs Repräsentieren, sondern gleichzeitig auch an der Spitze der Verwaltung steht. Aus dem Ehrenamt ist ein Hauptamt geworden.

Allerdings repräsentiert der Landrat als hauptamtlicher Wahlbeamter auch weiterhin den Kreis nach außen hin und in wichtigen Gremien, die Aufgaben des früheren Oberkreisdirektors sind aber hinzu gekommen. Dazu gehören auch die Leitung der Kreistagssitzungen, die Umsetzung der in diesem Kommunalparlament gefassten Beschlüsse und eben die Geschäftsführung der laufenden Verwaltung. In ihr arbeiten in Oberberg rund 1200 Mitarbeiter, deren Vorgesetzter der Landrat ist. Eine weitere Aufgabe kommt in Nordrhein-Westfalen hinzu: Im Zuge der sogenannten Organleihe ist der Landrat gleichzeitig Chef der Kreispolizeibehörde. Sie hat ihren Sitz ebenfalls in Gummersbach.

Seit 1999 wird der Landrat in NRW nicht mehr, wie zuvor, vom Kreistag gewählt, sondern direkt "vom Volk". Das geschieht nach dem Prinzip der absoluten Mehrheitswahl. Konkret heißt das: Am 13. September stehen in Oberberg drei Kandidaten zur Wahl: Jochen Hagt (CDU), Ingeborg Mohr-Simeonidis (Linke) und Jörg Bukowski (parteiloser Einzelbewerber).

Nur wenn einer von ihnen am Sonntag die absolute Mehrheit der Wählerstimmen erhält, steht damit der Wahlgewinner fest. Bleiben alle drei Kandidaten unter der 50-Prozent-Marke, folgt am 27. September eine Stichwahl für die beiden Bewerber mit den höchsten Stimmergebnissen. Dann würde erst zwei Wochen später als geplant feststehen, wer Nachfolger von Hagen Jobi - im Oktober geht er in den Ruhestand - als Landrat im Oberbergischen Kreis mit seinen etwa 270 000 Einwohnern wird.

Von ihnen sind alle wahlberechtigt, die das 16. Lebensjahr vollendet haben, Deutsche sind oder in Oberberg lebende EU-Bürger und denen das Wahlrecht nicht aberkannt wurde.

(bn)
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