Hückeswagen Ein Plädoyer gegen Hausaufgaben

Hückeswagen · Sie sind pädagogisch sinnlos und stören den häuslichen Frieden, behauptet Armin Himmelrath in seinem Buch "Hausaufgaben - nein Danke!". Darin erklärt der Wermelskirchener, warum er für die Abschaffung von Hausaufgaben ist.

 Der Wermelskirchener Buchautor Armin Himmelrath unterrichtet als Lehrbeauftragter an mehreren Universitäten.

Der Wermelskirchener Buchautor Armin Himmelrath unterrichtet als Lehrbeauftragter an mehreren Universitäten.

Foto: Jessica Meyer

Von Schülern zumeist verflucht, von Lehrern dennoch oft und gerne als Lernmittel eingesetzt, gehören Hausaufgaben seit Jahrzehnten zum Schulalltag dazu. Egal ob Aufgaben in Mathematik, Deutsch, Erdkunde, Chemie, Physik oder Biologie - auch am Küchentisch sorgen die Hausaufgaben vielerorts für Stress und Streitigkeiten. So auch bei Familie Himmelrath.

Als Vater von drei Kindern (16, 17 und 21 Jahre) - und inklusive der eigenen Schulzeit - blickt Vater Armin Himmelrath inzwischen auf 32 Jahre Hausaufgaben zurück. Besonders positive Erfahrungen hat der Wermelskirchener weder als Schüler noch als Erziehungsberechtigter mit Hausaufgaben gemacht. Jetzt hat er ein Buch zum Thema geschrieben.

Auf 152 Seiten stellt sich der Bildungsjournalist die Frage, warum das von vielen Eltern und Lehrern kaum in Frage gestellte Dogma - "Hausaufgaben gehören zur Schule dazu" - nicht mittlerweile antiquiert ist. Am Ende von "Hausaufgaben - nein Danke!" fordert der Bildungsjournalist sogar die allmähliche Abschaffung der Hausaufgaben. Er kommt zu dem Schluss: Ihre Wirkung für den Lernprozess wird völlig überschätzt.

Ursprünglich war der 48-Jährige auf der Suche nach Argumenten, die entweder für oder gegen Hausaufgaben sprechen. Als er im Laufe seiner Buch-Recherche jedoch keinen Beweis dafür fand, der für das Stellen von Hausaufgaben sprach, war für den Sachbuchautor klar, dass Hausaufgaben abgeschafft gehören. "Dass wirklich keine der Studien und Forschungen in den vergangenen Jahrzehnten ergeben hatte, dass Hausaufgaben etwas bringen, hat mich fasziniert", sagt der gebürtige Wermelskirchener. Himmelrath berichtet von einem Vorfall in den eigenen vier Wänden: "Eines Tages kam mein Sohn von der Schule nach Hause und klagte darüber, dass er unsinnige Hausaufgaben aufbekommen habe", sagt Himmelrath. Der Autor sah sich die Aufgaben seines Sohnes an und kam zu dem Ergebnis, dass sein Kind Recht hatte. "Er sollte auf vier Seiten im Prinzip immer dasselbe abschreiben. Ich habe ihm gesagt, dass dies tatsächlich sinnfrei sei, und er die Aufgabe nicht erledigen muss."

Das kam in der Schule des Sohnes nicht gut an. In der Folge gab es heftige Debatten mit der Schulverwaltung und den Lehrern, doch auch die hätten am Ende einsehen müssen, "dass diese Aufgabe die Schüler nicht weiterbringen konnte." Doch nicht nur wegen solcher Geschichten hat sich Himmelrath dem Thema gewidmet.

So bilanziert er in seinem Werk unter anderem, dass Hausaufgaben soziale Ungerechtigkeit schaffen. Himmelrath erklärt: "Weil nicht alle Elternhäuser die gleiche Unterstützung bei den Hausaufgaben anbieten können, wirken Hausaufgaben sozial selektierend: Wer als Schüler Probleme und nicht die richtige Hilfe im Hintergrund hat, verliert durch die Hausaufgaben - und nicht etwa trotz der Aufgaben - schnell den Anschluss an die Unterrichtsinhalte. Das zeigen Forschungen etwa des Wissenschaftszentrums Berlin."

Und auch viele Lehrer seien längst nicht mehr so überzeugt von den Hausaufgaben wie früher, sagt Himmelrath. "Denn das Formulieren und Kontrollieren der Aufgaben kostet wertvolle Unterrichtszeit." Des Weiteren habe sich in der Pädagogik längst der Trend zu einem möglichst individuellen Lernen entwickelt - und diesem Ansatz widersprechen Hausaufgaben mit ihren Methoden völlig.

Himmelrath fordert: "Es wird höchste Zeit, sich von diesem veralteten Instrument zu lösen - und stattdessen echte 'Schulaufgaben' im besten Sinne des Wortes zu entwickeln und einzusetzen." Als Beispiel führt er ein Schweizer Gymnasium an, in dem alle Schüler die jeweils erste Stunde des Tages nutzen können, um ihre Aufgaben unter professioneller Aufsicht - also von Fachlehrern - zu erledigen.

"Meine Intention ist es nicht, die Schüler vom selbstständigen Arbeiten abzubringen", erklärt Armin Himmelrath und fügt hinzu: "Aber Hausaufgaben, wie sie derzeit gestellt werden, sind pädagogischer Blödsinn."

(sb)
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