Interview Volker Grossmann Eltern sollten über "neue Medien" reden

Hückeswagen · Rades Jugendamtsleiter Volker Grossmann rät dazu, Gefahren durch Internetspiele nicht zu unterschätzen. Im August soll eine Jugendliche mit dem Suizid-Spiel "Blue Whale" in Kontakt gekommen sein. Zum Glück war dies aber nicht der Fall.

Radevormwald Im August gab es die Information, dass eine Jugendliche in Radevormwald mit dem Suizid-"Spiel" "Blue Whale" in Kontakt gekommen sein könnte. Es war der erste Verdacht in NRW. Rades Jugendamtsleiter Volker Grossmann spricht über die Gefahr und wann und wie Eltern sie erkennen können.

Wie war die Resonanz auf die Veröffentlichung der Nachricht über das Suizid-"Spiel" "Blue Whale"?

Grossmann Im Jugendamt hat sich niemand gemeldet. Zwischenzeitlich hat sich auch zum Glück herausgestellt, dass das Mädchen nicht an diesem Spiel teilgenommen hatte.

Wie können Eltern erkennen, dass ihr Kind sich an solchen Internet-"Spielen" beteiligt?

Grossmann Eltern sollten die Gewohnheiten ihre Kinder kennen und auf Veränderungen achten. Sie sollten aufmerksam werden, wenn der Tagesablauf sich ändert oder Nachrichten im Internet oder auf dem Handy nicht mehr in ihrem geöffnet werden. Oder wenn Handy und Computer mit unbekannten Passwörtern geschützt werden.

Sollten Eltern ihre Kinder auf solche Internet-Aktionen ansprechen?

Grossmann Eltern sollten auf jeden Fall ein offenes Gespräch über diese Themen mit ihren Kindern führen, nur so kann man sie auf die Gefahren der neuen Medien hinweisen.

Sollten Eltern sich die Chats ihrer Kinder zeigen lassen?

Grossmann Das ist ein sensibles Thema. Die Faustregel sollte heißen: Je älter das Kind ist, desto mehr steht das Persönlichkeitsrecht dem elterlichen Recht auf Schutz der Familie entgegen. Mit zunehmendem Alter überwiegt das Recht des Kindes auf Privatsphäre. Haben Eltern aber den begründeten Verdacht, dass ihr Kind verbotene Inhalte besitzt, müssen sie dem nachgehen. Eine unterlassene Kontrolle stellt dann eine Verletzung der Fürsorgepflicht dar.

Wie können Eltern erkennen, dass mit ihrem Kind etwas nicht stimmt?

Grossmann Wenn Kinder ohne Gründe ihre Gewohnheiten ändern, zum Beispiel neue, bisher unbekannte Freunde haben oder sich zurückziehen.

Gibt es solche Nachrichten über die Teilnahme an solchen Spielen oder Aktionen von Jugendlichen häufiger? Wie werden Sie damit konkret konfrontiert?

Grossmann Die Teilnahme an solchen Spielen war uns bisher unbekannt.

Wohin verweisen Sie die Jugendlichen oder deren Eltern zur weiteren Beratung oder tiefergehenden Information?

Grossmann Da kommt es immer auf den Sachverhalt an. Je nach Sachverhalt wird das Jugendamt eine geeignete Hilfseinrichtung anbieten. Es gibt auch zahlreiche Hilfsangebote im Internet.

Wo werden Sie in nächster Zeit vor solchen Internet-Aktionen warnen und wie?

Grossmann Wir werden mit den Schulleitern und Schulsozialarbeitern sprechen, um sie für diese Themen zu sensibilisieren. Wir werden sie bitten, dass solche Dinge im Unterricht und gegebenenfalls auch bei Elternabenden angesprochen werden.

Wo sehen Sie als Jugendamtsleiter die größten Suchtgefahren für Jugendliche, im Internet oder in anderen Bereichen?

Grossmann Das kann man nicht pauschal sagen, natürlich gibt es die Spielsucht, aber auch das Rauchen, Drogen und Alkohol stellen eine Gefährdung dar. Wichtig ist, dass die Eltern auf ihre Kinder achten und frühzeitig erkennen, wenn ihr Kind in eine Sucht abzurutschen droht.

Ab welchem Alter sollten sich Eltern mit den Internetgewohnheiten ihrer Kinder auseinandersetzen?

Grossmann In der heutigen Zeit kann und soll man das Internet Kindern zur Verfügung stellen. Das Alter hängt vom Entwicklungsstand des Kindes ab. Die Nutzung sollte allerdings zeitlich eingeschränkt und anfänglich unter Kontrolle der Eltern stattfinden. Entsprechende Jugendschutzsoftware sollte auch installiert sein.

Wo können Eltern Informationen erhalten?

Grossmann Im Jugendamt, die Mitarbeiter werden die Eltern dann je nach Problemlage an entsprechende Hilfeanbieter weitervermitteln.

Muss der Kontakt vom Jugendamt zu den Schulen intensiviert werden?

Werden Sie als Jugendamtsleiter bei Problemen von Schülern auch von den Schulen informiert? Erfolgen diese Informationen rechtzeitig?

Grossmann Wir haben an allen Schulen in Radevormwald Schulsozialarbeit installiert. Das Ganze beruht natürlich auf Vertrauensbasis, wenn Schüler sich den Sozialarbeitern anvertrauen. Nur in extremen Fällen wie zum Beispiel bei Selbstverletzungen oder Gewalt gegen Kinder werde ich darüber informiert. Die Zusammenarbeit mit den Schulen in Radevormwald würde ich als gut bezeichnen.

WOLFGANG SCHOLL STELLTE DIE FRAGEN.

(RP)
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