Hückeswagen Familie Sessinghaus hat seit 115 Jahren die Mode im Blick

Hückeswagen · Das Textilhaus Sessinghaus gehört zu den wenigen Fachgeschäften am Ort mit langer Familientradition. 1901 wurde es von Carl Sessinghaus im Island eröffnet. Heute ist sein Urenkel Dirk Carl Sessinghaus Chef.

 Sie gehören zum insgesamt elfköpfigen Team: Dirk und Annette Sessinghaus (r.) mit (v. l.) Britta Fronert, Madeline Barberio und Anja Höhenfeld.

Sie gehören zum insgesamt elfköpfigen Team: Dirk und Annette Sessinghaus (r.) mit (v. l.) Britta Fronert, Madeline Barberio und Anja Höhenfeld.

Foto: M. Schütz

Vor 115 Jahren war die Kleinstadt-Welt noch in Ordnung. Wer Artikel für den täglichen Bedarf benötigte, ging zum Kaufmann, Metzger oder Bäcker um die Ecke. Davon gab's im Vergleich zu heute noch reichlich. Auch wer sich mit neuer Kleidung eindecken musste, blieb in seiner Heimatstadt. Davon profitierten 1901 auch Lydia und Carl Sessinghaus, die im Island ein Hutgeschäft eröffneten.

Abgesehen davon, dass Hüte vor allem in der Damenwelt heute keine Rolle mehr spielen, hat es der Urenkel der Geschäftsgründer nicht leicht. Denn der Handel einer Kleinstadt hat sich großer Konkurrenz zu stellen - den Einkaufszentren in den Großstädten, dem Internet und wohl ab 2020 dem Designer Outlet Center (DOC) in Lennep. Und doch schaffen es die hiesigen Händler immer wieder, sich ihre Kundschaft zu sichern. Das ist bei Dirk Sessinghaus nicht anders.

Sein Rezept: "Wir haben uns über einen langen Zeitraum dem Markt angepasst und Nischen gesucht", sagt er im Gespräch mit unserer Redaktion. Die Zauberformel lautet: Besser ein tieferes Sortiment als ein breites. "Der Kunde will halt eine gewisse Auswahl", sagt Sessinghaus. Nicht zuletzt deshalb hatte sich das Mode- und Textilhaus im Island vor 15 Jahren von der Kinderkonfektion getrennt und setzt seitdem ausschließlich auf Damen- und Herrenmode.

Zudem hat der Kleinstadt-Handel vor allem dem anonymen Internet einen großen Vorteil gegenüber: die persönliche Bindung. "Das wissen viele unserer Kunden zu schätzen", sagt der 57-Jährige. So nutzten zum Beispiel ältere Hückeswagener den Besuch auch zu einem kleinen Plausch. Beliebt ist zudem Sessinghaus' Service, dass eine Auswahl an Kleidung mit nach Hause genommen werden kann. "Dann kann etwa der Mann nach Feierabend was anprobieren." Dafür muss er nicht extra ins Geschäft.

Wie es in zehn, 15 Jahren um sein Modegeschäft im Herzen der Altstadt stehen wird, kann Dirk Sessinghaus noch nicht einschätzen. Von seinen drei Kindern hat sich bislang niemand bereiterklärt, die Familientradition fortsetzen zu wollen. Er hofft jedoch, dass sich dann jemand finden wird, "der unser Geschäft mit Herzblut weiterführt".

Der kleinstädtische Fachhandel werde auch in Zukunft ständig neue Ideen haben müssen. "Ich glaube aber daran, dass die Kunden auch weiterhin den persönlich geführten Fachhandel zu schätzen wissen werden", betont Sessinghaus.

Mit Skepsis sieht er weiterhin das DOC in Lennep: "Das wird Auswirkungen für das ganze Umland haben", ist er sich sicher. So geht er für den Einzelhandel etwa in Hückeswagen, Radevormwald und Wermelskirchen von Umsatzeinbußen aus. Profitieren könnte in diesen Städten vielleicht einzig Tourismus und Gastronomie.

Das 115-jährige Bestehen wird das Mode- und Textilhaus mit seinen Kunden feiern: Die kommen ab Freitag, 4. November, in den Genuss von 20 bis 50 Prozent Rabatt auf das gesamte Sortiment. Etwa zweieinhalb Wochen soll es diese Aktion geben, sagt Sessinghaus.

(RP)
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