Hückeswagen Flüchtlinge stellen Asylanträge in Bonn

Hückeswagen · Die Ressentiments Flüchtlingen gegenüber sind nach den jüngsten Anschlägen in Deutschland und Frankreich bundesweit gestiegen. Das Hückeswagener Flüchtlingsnetzwerk ist aber glücklich, dass es hier weiterhin ruhig ist.

 Margareta Coenen (l.) und Deike Schütte von "Weitblick" koordinieren die Flüchtlingshilfe in Hückeswagen.

Margareta Coenen (l.) und Deike Schütte von "Weitblick" koordinieren die Flüchtlingshilfe in Hückeswagen.

Foto: Nico Hertgen (Archiv)

Viele glückliche Gesichter dürfte es heute bei den in Hückeswagen lebenden Flüchtlingen geben. Denn in den zurückliegenden zwei Tagen wurden insgesamt 150 von ihnen mit Bussen nach Bonn gefahren, wo sie beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge ihre Asylanträge stellen konnten. "Frau Erxleben vom Sozialamt hat die Aktion sehr gut organisiert, wir haben assistiert", erzählt Deike Schütte, die in Hückeswagen zusammen mit Margareta Coenen die Ehrenamtsinitiative "Weitblick" koordiniert.

Auch die beiden sind momentan durchaus zufrieden. Angesichts der negativen Stimmung, die Flüchtlinge und Ehrenamtliche vielerorts nach den Terroranschlägen der vergangenen Wochen zu spüren bekommen, ist es in der Schloss-Stadt ruhig: "Wir können nichts Negatives berichten. Die Stimmung, die uns hier in Hückeswagen entgegenschlägt, ist positiv", versichert Deike Schütte. Es könne natürlich auch sein, dass diejenigen, die Flüchtlingen nicht wohlgesonnen gegenüberstünden, den Mund hielten. "Aber unsere Arbeit stellt niemand in Frage", sagt sie. Und auch Margareta Coenen bestätigt: "Uns sind noch keine fremdenfeindlichen Äußerungen zu Ohren gekommen."

Heute, spätestens morgen dürften auch die letzten Hückeswagener Flüchtlinge zurückkommen, die jetzt ihren Asylantrag gestellt haben. "Viele wollen Hückeswagen verlassen und in die Großstädte ziehen", berichtet Deike Schütten von Gesprächen vor allem mit allein reisenden jungen Männern. "Sie glauben, dass sie dort mehr Chancen haben werden, eine Arbeit zu finden." Das kennen sie aus ihren Ländern, wo sich das Leben in den Metropolen abspielt, während die Bevölkerung auf dem Land eher vernachlässigt wird.

Gerade junge Flüchtlinge hätten auch wenig Verständnis für das duale Ausbildungssystem in Deutschland: "So etwas kennen sie nicht", berichtet Deike Schütte. In ihren Heimatländern hätten sie mit Mitte 20 schon bis zu acht verschiedene Berufe ausgeübt. Dass sie in Deutschland jedoch mit einer fundierten Ausbildung, zu der nunmal auch die Berufsschule gehört, langfristig bessere Chancen haben, verstehen die wenigsten. "So bleiben sie dann im Niedriglohnsektor hängen", befürchtet Margareta Coenen. Und Deike Schütte bedauert: "Das tut mir leid, wenn ich sehe, wie viel Potenzial in manchem steckt und er sich dann selbst im Weg steht."

Festgestellt haben die beiden Frauen von "Weitblick", dass viele Flüchtlinge mit falschen Vorstellungen nach Deutschland gekommen sind - offenbar haben ihnen die Schlepper in ihren Heimatländern das Blaue vom Himmel versprochen. "Viele glauben, dass hier alles sofort passiert", berichtet Deike Schütte. Dass sie etwa umgehend Arbeit bekämen und das Geld vom Sozialamt zusätzlich wäre. Auch, dass sie fürs Alter, also die Rente vorsorgen sollten - für sich und ihre Frauen - ist bei vielen noch nicht angekommen. Da sind dann viele Erläuterungen notwendig.

Deike Schütte ist jedoch sicher, dass die Flüchtlinge gut für Deutschland sind. "Volkswirtschaftlich gesehen ist jeder, der hier eine Ausbildung macht oder studiert, positiv für uns." Margarete Coenen glaubt: "Manche gehen, wenn sich die Lage in ihren Heimatländern beruhigt haben sollte, vielleicht wieder zurück. Unsere Industrie könnte dann auf den Zug aufspringen und wirtschaftliche Beziehungen zu den Ländern aufbauen." Das käme der deutschen Wirtschaft zugute.

(RP)
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