Hückeswagen Gewalt gegen Polizisten nimmt weiter zu

Hückeswagen · Im vergangenen Jahr gab es im Oberbergischen Kreis 70 bis 80 Fälle, bei denen Polizeibeamte körperlich angegriffen wurden. Immer häufiger müssen sich die Ordnungshüter dabei auch Bedrohungen und Beleidigungen gefallen lassen.

Hückeswagen: Gewalt gegen Polizisten nimmt weiter zu
Foto: JOCHEN TACK / MIK NRW

Einsatz der Polizei im Juli 2014 in Hückeswagen: Jugendliche haben in einer Tankstelle rumgepöbelt, randaliert und sind geflüchtet. Vor Ort treffen Polizeibeamten schnell auf die Jugendlichen. "Und sofort ging es zur Sache", sagt Polizeipressesprecherin Monika Treutler. Schnell merken die Beamten, dass Alkohol und Drogen im Spiel sind. Die Polizisten werden massiv beleidigt, als "Opfer" bezeichnet. Als die Jugendlichen in Gewahrsam genommen werden sollen, wehren sie sich körperlich, pöbeln und drohen den Beamten. "Ich weiß, wo Du wohnst", brüllt einer von ihnen.

Fast schon ein alltäglicher Einsatz, denn die Gewalt gegen Polizisten im Oberbergischen Kreis nimmt zu. "Wir haben mit mehr Gewalt zu tun, die Kollegen beklagen sich über mangelnden Respekt", sagt die Pressesprecherin. Hierbei gehe es nicht nur um körperliche Übergriffen, sondern vor allem auch um Beleidigungen und Drohungen gegen die eigene Person oder sogar die Familie. "Anzeigen nehmen wir aber nur bei körperlicher Gewalt auf. Das waren 70 bis 80 im vergangenen Jahr im Oberbergischen Kreis", sagt Treutler.

Beleidigungen und Bedrohungen werden zwar strafrechtlich verfolgt, aber zahlenmäßig nicht erfasst. "Viele Beamten müssen es so hinnehmen, sind täglich bei ihren Einsätzen damit konfrontiert", berichtet die Polizeipressesprecherin. Gewalt sei mittlerweile Alltag. Leider. Obwohl der mangelnde Respekt in den Großstädten noch massiver ist, sei der Oberbergische Kreis keine Insel der Glückseligen. Den guten, alten Schutzmann von früher, der beliebt durch die Straßen spaziert, gebe es nicht mehr.

Polizisten müssten sich heute ganz anderen Herausforderungen stellen, auf die die Beamten mit gezielten Trainings und Lehrgängen vorbereitet werden. Hier geht es vor allem um Eingriffstechniken und eine gute Ausstattung. "Damit die Kollegen draußen, die täglich unterwegs sind, nicht alleine da stehen", sagt Monika Treutler. Für die Kollegen bedeute die Arbeit eine enorme seelische Belastung. Nicht selten gebe es auch traumatische Erlebnisse.

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Monika Treutler betont, dass Gewalt gegen Polizisten mittlerweile ein gesellschaftliches Problem ist. Auch laut Innenminister Ralf Jäger spielen viele Faktoren da eine Rolle. "Auf jeden Fall liegt es nicht am einzelnen Beamten vor Ort", sagt die Pressesprecherin - und verhehlt nicht, dass die Strafen für die Täter durchaus auch abschreckender sein könnten. Über die Konsequenz entscheiden aber immer noch Staatsanwalt und Richter.

Für die Beamten bei einem Einsatz vor Ort stelle sich immer wieder die Frage, wie sie auf die oft eskalierende Gewalt reagieren sollen. Cool? "Immerhin steht Polizei im Fokus der Öffentlichkeit", sagt Monika Treutler. Übe ein Polizist Gewalt aus, sei der Aufschrei bei den Bürgern immer sofort sehr groß. "Deshalb muss Gewalt den Beamten gegenüber abprallen. Wir müssen da drüber stehen", sagt sie. Die Beamten müssten ihre Probleme deshalb entweder durch professionelle Hilfe verarbeiten oder im Privaten. Auf Pöbeleien allerdings mit Gewalt zu reagieren, das führe zu weit. "Wir sind da aber in einer Zwickmühle. Der gesetzliche Handlungsspielraum ist eng. Wir dürfen zwar schon viel, es geht aber immer darum, abzuwägen", sagt Treutler. Ein Beamter, der beleidigt werde, nehme eine Anzeige auf, mehr gehe dann aber auch schon nicht.

Fakt sei, dass die zunehmende Gewalt den Alltag der Polizisten deutlich erschwere. Dabei habe sich sicher auch das Berufsbild des Polizisten gewandelt. "Früher waren wir Respektpersonen, da hätte sich niemand erlaubt, Gewalt gegen uns auszuüben", sagt sie.

(RP)
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