Hückeswagen Gotteshütte macht junge Flüchtlinge selbstständig

Hückeswagen · Seit zwei Wochen leben in dem ehemaligen Ärztehaus von Dr. Aufgebauer gegenüber dem Johannesstift fünf junge Flüchtlinge. Hier werden sie von Mitarbeitern der Gotteshütte auf ein eigenbestimmtes Leben vorbereitet.

 Mamadou Alimou-Barry (17), Flüchtlinge aus Guinea, mit Leiterin Melanie Radekopp und Sascha Viehoff, Geschäftsführer der Gotteshütte.

Mamadou Alimou-Barry (17), Flüchtlinge aus Guinea, mit Leiterin Melanie Radekopp und Sascha Viehoff, Geschäftsführer der Gotteshütte.

Foto: Stephan Büllesbach

Neben dem Hintereingang flattern noch einige bunte Luftballons im Wind. Tags zuvor hatte Abdul aus Afghanistan seinen 18. Geburtstag gefeiert, zusammen mit seinen vier Mitbewohnern aus seinem Heimatland und dem westafrikanischen Guinea sowie weiteren Freunden. Doch bis auf die Ballons deutet nichts mehr darauf hin, dass hier wenige Stunden zuvor eine Gruppe von 17- und 18-jährigen eine Party gefeiert hat. Alles ist aufgeräumt, sauber, und in der Küche sind das gespülte Geschirr und Besteck zum Abtrocknen bereit.

Melanie Radekopp ist die Leiterin des Pädagogisch Betreuten Wohnens und schwärmt von ihren Schützlingen: "Das sind sehr höflich und ausgesprochen motivierte junge Menschen." Sie seien zielgerichtet, fleißig, aufgeweckt und offen. Patricia Wahle, eine von drei Erziehern der Einrichtung, betont: "Sie achten auf Ordnung." Die jungen Flüchtlinge seien sehr freundlich und legten eine ganz andere Dankbarkeit an den Tag, als deutsche Jugendliche.

In dem ehemaligen Ärztehaus gegenüber des Johannesstifts werden - ebenso wie in zwei weiteren Wohnungen am Tulpenweg und einer Wohnung in Wipperfürth - Jugendliche aufgenommen, die auf ein selbstständiges Leben als junge Erwachsene vorbereitet werden sollen. Um zwölf Jugendliche insgesamt können sich die Betreuer des Jugend- und Sozialwerks Gotteshütte kümmern. Momentan sind das junge Flüchtlinge. "Grundsätzlich nehmen wir hier aber auch deutsche Jugendliche auf, die in ihrer Familie nicht mehr leben konnten", stellt Sascha Viehoff, Geschäftsführer der Gotteshütte, klar. Damit verweist er auf die originäre Aufgabe des Jugend- und Sozialwerks, das sich um Kinder und Jugendliche aus zerrütteten Familien sorgt.

Das vierköpfige Team kümmert sich montags bis freitags von 12 bis 20 Uhr um die zwei Afghanen und drei Guineer und zeigt ihnen die Möglichkeit auf, in einer eigenen Wohnung ein eigenverantwortliches Leben zu führen. In der übrigen Zeit und am Wochenende besteht eine Rufbereitschaft. "Konkret sollen die Jugendlichen lernen, ihren eigenen Haushalt zu führen, sich mit den ihnen zur Verfügung stehenden finanziellen Mitteln zu versorgen, selbstständig Behördengänge zu meistern und sich eigenverantwortlich um ihre Gesundheit zu kümmern", erläutert Radekopp.

Auch sorgen die Betreuer für die Vermittlung von Praktikumsstellen. Der 17-jährige Mamadou Alimou-Barry aus Guinea etwa wird bei einer Wipperfürther Gärtnerei den Arbeitsalltag kennenlernen. Zusammen mit zwei Landsleuten wohnt er auf der ersten Etage des Aufgebauer-Hauses. Jeder hat sein eigenes Zimmer, Küche und Bad werden gemeinsam genutzt. In der oberen Wohnung leben zurzeit die beiden Afghanen.

Vor kurzem gab es schon einmal ein kleines Fest, als die Gotteshütte die Nachbarn eingeladen hatte. Sogar Familien mit Kindern seien gekommen, erzählt die Leiterin. "Alle waren unglaublich offen und nett." Überhaupt soll die Einrichtung ein offenes Haus werden. Besucher dürften gerne vorbeikommen, umgekehrt haben die jungen Flüchtlinge sich schon für Spieleabende bei den Bewohnern des Altenzentrums Johannesstift angemeldet.

Zurückhaltung und Ressentiments gibt es dennoch. So würden sich andere Fahrgäste im Bus nicht neben die Flüchtlinge setzen, und beim Arzt bekämen sie schonmal blöde Sprüche zu hören, sagt Melanie Radekopp. "Auch auf diese Wirklichkeit müssen wir sie vorbereiten."

(büba)
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