Hückeswagen Hochbetrieb an Hagers letztem Tag

Hückeswagen · Viele Gäste nutzten die letzten Öffnungstage der Hückeswagener Landgaststätte, um sich von den Wirtinnen Inge und Ulla Hager zu verabschieden. Mit der Schließung geht eine rund 170-jährige Ära unwiederbringlich zu Ende.

 Ilse Hedfeld (98) und ihr Sohn Bernd-Otto genossen am letzten Tag noch einmal Bockwurst mit Kartoffelsalat von Ulla (l.) und Inge Hager.

Ilse Hedfeld (98) und ihr Sohn Bernd-Otto genossen am letzten Tag noch einmal Bockwurst mit Kartoffelsalat von Ulla (l.) und Inge Hager.

Foto: heike Karsten

Bockwürstchen mit selbst gemachtem Kartoffelsalat - darauf freut sich Ilse Hedfeld aus Radevormwald immer, wenn sie in die Gaststätte Hager an der Grünestraße einkehrt. So auch Samstag, 23. Dezember. Gerne hätte die 98-Jährige auch ihren 100. Geburtstag dort gefeiert, doch daraus wird nichts. Denn der Tag vor Heiligabend war der letzte Öffnungstag der Hückeswagener Landgaststätte.

Zum Jahresende stellen die Wirtinnen und Schwestern Inge (77) und Ulla Hager (75) den Schankbetrieb der fast 170 Jahre alten Gaststätte ein - zum Bedauern vieler Gäste: "So eine schöne, uralte Kneipe gibt es ja gar nicht mehr", sagt Ilse Hedfeld. Seit mehr als 40 Jahren zählen sie und ihr Sohn Bernd-Otto samt Familie zu den Stammgästen, die gerne zum Essen und für die Gemütlichkeit bei den Hagers einkehren. Wie auch am letzten Öffnungstag, an dem es noch einmal so richtig voll ist in der urigen Gaststube.

Viele Stammgäste, aber auch neue Gäste statten den Schwestern einen letzten Besuch ab. Zwei Männer aus Dabringhausen waren vorher noch nie in der Gaststätte Hager gewesen, holen das aber nach, nachdem sie von der Schließung erfahren haben. "Wir wollten nur mal eben 'Tag' sagen. Es ist so schön urig und rustikal hier. Hätten wir das gewusst, wären wie öfter mal gekommen", sagen die 44 und 45 Jahre alten Brüder.

Christine und Edgar Schulz aus Lennep zählen zu den sporadischen Stammgästen. In der Landgaststätte haben sie bereits Geburtstag gefeiert, das berühmte Frühstück bestellt oder nach einer Wanderung die frischen Waffeln mit Kirschen, Milchreis und Sahne genossen. Die Waffeln lassen sie sich auch am letzten Öffnungstag schmecken. Mit Inge und Ulla Hager stoßen sie mit Sekt an. "Es tut uns wirklich leid, dass sie aufhören. Wir haben uns immer sehr wohl hier gefühlt", bedauert Christine Schulz. Die beiden Damen hätten immer Zeit gehabt, sich mit ihren Gästen zu unterhalten oder sich dazu zu setzen. "Wir verlieren hier ein Kleinod", fügt die Lenneperin traurig hinzu.

Inge und Ulla Hager sind mit der Gaststätte aufgewachsen und haben mehrere Generationen ihrer Gäste begleitet. "Wir kennen viele Familien, in denen die Großeltern jetzt in unserem Alter sind und die noch heute mit ihren Kindern, Enkeln und Urenkeln kommen", erzählt Inge Hager.

Kindheitserinnerungen haben auch Jutta und Birgit Günther. "Bei den Sommerfesten gab es immer Sackhüpfen und Eierlaufen", erinnert sich Jutta Günther, die seit drei Jahren in Bremen lebt.

In den letzten Wochen brachten die Gäste viele Abschiedsgeschenke mit - darunter Blumen, Dekorationsartikel, Gebäck und Gutscheine. "Sogar zwei Eintrittskarten für ein Schlosskonzert im Heimatmuseum haben wir bekommen", berichten die Wirtinnen. Darauf freuen sich die Hager-Schwestern besonders. "Bisher konnten wir solche Termine ja nie wahrnehmen", beschreibt Inge Hager die ständige Präsenz in der Gaststätte. "Dieses Haus war noch keine Nacht alleine", fügt ihre zwei Jahre jüngere Schwester Ulla hinzu.

Nach mehreren Jahrzehnten Gaststättenbetrieb folgt für die Hückeswagenerinnen nun die Ruhe nach dem Sturm. Zurückziehen wollen sie sich jedoch nicht. "Wir werden erst einmal alles sacken lassen, bevor wir neue Termine machen", kündigen sie an. Mit Fassung nehmen die Schwestern alle guten Wünsche von ihren Gästen entgegen. Es herrscht eine ausgelassene Stimmung. Gäste und Wirtinnen schwelgen in Erinnerungen. Nur, als am vorletzten Öffnungstag eine Familie mit ihren Blasinstrumenten den Wirtinnen ein Ständchen spielte, war es mit der Tapferkeit vorbei. "Da kamen mir dann doch die Tränen", verrät Inge Hager gerührt.

(heka)
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